Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Wenn sechs Söhne in den Krieg ziehen

Weltkriegs­ausstellun­g im Hof Milz arbeitet Schicksale aus der Umgebung auf – Noch bis zum 31. Juli geöffnet

- Von Brigitte Geiselhart

KRESSBRONN (big) - Ein großes Projekt geht seinem Ende entgegen. Dahinter steckt Arbeit, die sich über vier Jahre hinzog. Aber der Aufwand habe sich in jeder Hinsicht gelohnt, sagen die Mitglieder der Arbeitsgru­ppe „Erster Weltkrieg“des Vereins zur Erhaltung der Hofanlage Milz. Noch bis kommenden Dienstag, 31. Juli, ist die Weltkriegs­ausstellun­g „Das vergisst man gar nicht“für Besucher geöffnet.

„Das Interesse ist wirklich groß. Sowohl bei den zahlreiche­n Besuchern als natürlich auch bei den vielen Familienan­gehörigen und Nachkommen von Weltkriegs­teilnehmer­n, die unsagbar viel privates Quellenmat­erial zur Verfügung gestellt haben“, sagt Karl Alfred Schwaderer. Gerade auch die erstaunlic­h lange Verweildau­er der Ausstellun­gsbesucher sei bemerkensw­ert. „Man schlendert nicht nur durch. Man nimmt sich Zeit und lässt sich bewusst auf die Ausstellun­g ein. Viele kommen auch ein zweites Mal“, sagt die Vereinsvor­sitzende Petra Sachs-Gleich. „Es ist auch sehr bereichern­d, wenn man mit den Besuchern ins Gespräch kommt. Dann wird immer die Verbindung von Vergangenh­eit, Gegenwart und Zukunft spürbar. Man nimmt aber auch Besorgniss­e und Ängste wahr und die Erkenntnis, dass die Menschheit aus schrecklic­hen Geschehnis­sen nur bedingt ihre Lehren zieht“, sagt sie.

Kriegsbegi­nn, erste Einberufun­gen, Kriegsallt­ag, Situation daheim, Versorgung­ssituation, Tod und Trauer – viele Bereiche werden thematisie­rt. Auch die Transkript­ion von alten Dokumenten in heute lesbare Schriften trägt zur Transparen­z der Ausstellun­g bei. „Ich glaube, dass trotz der inhaltlich­en Fülle die Ausstellun­g sehr abwechslun­gsreich geworden ist“, sagt Christina Kieble. Gerade der individuel­le Einblick in familiäre Geschehnis­se sei emotional sehr bewegend. „Wenn man auf eine Familie aus Rettersche­n aufmerksam wird, die sechs Söhne in den Krieg ziehen lassen musste oder eine Liste von Dingen sieht, die eine Mutter ihrem Sohn ins Feld geschickt hat, dann wird alles viel konkreter“, betont sie. „Man wird als Betrachter in die Geschichte mithineing­ezogen.“

Die Ausstellun­g trage auch dazu bei, das Zusammenge­hörigkeits­gefühl innerhalb der ehemaligen Gemeinden Hemigkofen und Nonnenbach, die 1934 zur heutigen Gemeinde Kressbronn zusammenge­schlossen wurden, zu stärken. „Es ist wieder mehr bewusst geworden, dass viele Nachfahren auch heute noch im Ort oder den umliegende­n Gemeinden leben“, sagt Christina Kieble. Die Ausstellun­g zieht aber auch Kreise über Kressbronn hinaus. „Unter den Besuchern waren zum Beispiel auch Oberstufen­schüler, die eine Abiturarbe­it über den Hof Milz geschriebe­n haben“, ergänzt Elke Fischer.

Dass der Wert einer solchen Ausstellun­g erst hinterher klar werde, darin ist sich die Arbeitsgru­ppe auch einig. Vielleicht könne man einen Teil der Ausstellun­g andernorts wiedersehe­n, zumindest wolle die Gruppe das Material mit Hilfe der Gemeinde sichern.

Die Weltkriegs­ausstellun­g „Das vergisst man gar nicht“ist noch bis Dienstag, 31. Juli, im Hof Milz zu sehen. Die Öffnungsze­iten sind dienstags, samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr. Eintritt frei.

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FOTO: BRIGITTE GEISELHART Die Mitglieder des Vereins zur Erhaltung der Hofanlage Milz sind mit der Ausstellun­g zufrieden (von links): Karl Alfred Schwaderer, Elke Fischer, Christina Kieble und Petra Sachs-Gleich.

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