Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Weniger Müll im Land

Abfallgebü­hren im Südwesten steigen nur leicht an

- Von Katja Korf

STUTTGART (tja) - Pro Kopf hat 2017 jeder Baden-Württember­ger 353 Kilogramm häusliche Abfälle erzeugt. Dazu zählt das Statistisc­he Landesamt Haus- und Sperrmüll, Wertstoffe aus Haushalten und Biomüll. Betrachtet man nur Haus- und Sperrmüll, sank die Menge pro Kopf auf den niedrigste­n Wert seit 1990, nämlich auf 139 Kilogramm. Diese Zahlen hat Landesumwe­ltminister Franz Unterstell­er (Grüne) am Montag in Stuttgart präsentier­t.

Der Müllberg, der in BadenWürtt­emberg pro Jahr insgesamt anfällt, bleibt in etwa gleich groß: 2017 fielen 49,7 Millionen Tonnen Abfälle aus Haushalten und Industrie an, ein Jahr zuvor waren es noch 50,2 Millionen Tonnen. Die Abfallgebü­hren blieben im Landesschn­itt stabil und stiegen nur leicht von 151 auf 152,03 Euro pro Jahr. Mittlerwei­le sammeln auch fast alle Landkreise Biomüll getrennt. Nur Sigmaringe­n weigert sich weiter.

STUTTGART - Die Baden-Württember­ger verursache­n pro Kopf weniger Müll als in den Vorjahren. Das gab Umweltmini­ster Franz Unterstell­er (Grüne) am Montag in Stuttgart bekannt. Die wichtigste­n Punkte der Abfallbila­nz 2017 im Überblick:

Woher kommt der Müll?

2017 haben Industrie, Gewerbe und private Haushalte 49,7 Millionen Tonnen Müll verursacht, ein Minus von 0,5 Millionen Tonnen im Vergleich zu 2016. Der größte Teil davon (knapp 38 Millionen Tonnen) stammt aus Betrieben. Sie entsorgen diesen Abfall in Eigenregie. Die übrigen rund zwölf Millionen Tonnen kommen aus Haushalten, Betrieben und von Baustellen. Diesen Müll sammeln Abfallunte­rnehmen im Auftrag von Kreisen und Gemeinden. Fast die Hälfte davon, nämlich 5,6 Millionen Tonnen, stammen vom Aushub von Baustellen. Die gute Baukonjunk­tur zeigt sich daran, dass die Branche mehr dieser Abfälle produziert. Die Mengen des übrigen Mülls blieben in etwa gleich. Dazu zählen: Haus- und Sperrmüll, Bioabfälle, Grünschnit­t, Gewerbeabf­älle und Wertstoffe – also Papier, Glas, Metall und Verpackung­en aus Plastik mit dem „Grünen Punkt“. Auch die Menge von Problemmül­l wie Elektrosch­rott oder Batterien sank leicht.

Wie viel Müll entfällt im Schnitt auf jeden Bürger?

139 Kilogramm Haus- und Sperrmüll – das ist so wenig wie noch nie seit 1990. Davon entfallen 118 Kilogramm auf Hausmüll. Grund für das historisch­e Tief: Die getrennte Sammlung von Biomüll. Der macht zusätzlich 50 Kilogramm aus, hinzu kommen weitere rund 30 Kilogramm Leichtverp­ackungen. Das sind jene Kunststoff­e, die im Gelben Sack oder der Gelben Tonne landen. Für ihre Entsorgung sind nicht die Kommunen zuständig, sondern das von Handel und Verbrauche­rn finanziert­e „Duale System Deutschlan­d“, bekannt als „Grüner Punkt“. „Wir sind damit nicht unschuldig an Plastikstr­udeln in den Weltmeeren“, mahnte Umweltmini­ster Unterstell­er. Er appelliert­e an Verbrauche­r, Verpackung­smüll wo möglich zu reduzieren.

Was passiert damit?

40 Prozent des gesamten Abfalls landen auf Deponien. Das liegt vor allem an dem Müll von Baustellen – also Aushub und Schutt. Zwei Drittel davon können bislang nicht wiederverw­ertet werden. Ganz anders bei Abfällen aus Haushalten, hier werden 99 Prozent weiter genutzt. Biomüll wird zu Kompost oder in Gäranlagen zu Strom. Restmüll aus der grauen Tonne wird zu mehr als 90 Prozent verbrannt und erzeugt Strom oder Wärme. Papier verarbeite­n Anbieter nahezu komplett weiter, auch aus Altglas werden zu mehr als 85 Prozent neue Glasproduk­te.

Wie haben sich die Abfallgebü­hren entwickelt?

Ein Vier-Personen-Haushalt zahlt im Schnitt 152,03 Euro pro Jahr, das ist ein Euro mehr als 2016. Die allgemeine Preissteig­erung lag 2017 bei 1,8 Prozent, damit stiegen die Abfallgebü­hren weniger stark als die Preise für andere Produkte und Dienstleis­tungen. Diese Entwicklun­g gibt es laut Umweltmini­sterium seit Jahrzehnte­n. Hätten sich die Müllgebühr­en seit 2002 so entwickelt wie die allgemeine­n Preise, müssten Kunden heute 220 Euro pro Jahr zahlen.

Wehren sich weiterhin Landkreise gegen die Biotonne?

Seit 2015 müssen Landkreise Bioabfälle getrennt vom übrigen Müll entsorgen. Dagegen hatten sich mehrere Kreise gewehrt, darunter der AlbDonau-Kreis, Biberach und Sigmaringe­n. Die Kosten für das Einsammeln des Mülls stünden in keinem Verhältnis zur Menge, lautete das Argument. Auf dm Land seien die Wege für die Müllabfuhr weit und viele Bürger hätten einen eigenen Kompost, damit lohne sich die Abfuhr nicht. Doch mittlerwei­le haben fast alle Müllrebell­en eingelenkt. Biberach will Sammelstel­len für Bioabfälle einrichten. Der Alb-Donau-Kreis sammelt spätestens ab 2023 Biomüll getrennt. Nur der Kreis Sigmaringe­n hat noch keinen Beschluss dazu gefasst. Minister Unterstell­er zeigte sich am Montag zuversicht­lich. Es gebe „positive Signale“aus Sigmaringe­n. Ein Sprecher des Kreises wollte diese Bewertung nicht teilen. Er verwies am Montag auf eine Kreistagss­itzung im Oktober, auf der das Thema entschiede­n werden soll.

Was bringt die Mülltrennu­ng?

Nur wer Müll trennt, kann ihn weiter verwerten. Ein gutes Entsorgung­ssystem schützt vor wild weggeworfe­nen Abfällen. „Das trägt zur Lebensqual­ität auf der ganzen Welt bei. Außerdem enthalten Abfälle wertvolle Rohstoffe“, sagte Unterstell­er. Das seien nicht nur Gold, Platin oder gar Seltene Erden aus Elektrosch­rott. Auch Lebensmitt­elreste zur Energieerz­eugung zu verwenden oder Bauschutt zu recyclen, mache unabhängig­er von Rohstoffim­porten aus anderen Ländern. Ein Beispiel: Die Nutzung von Altmetall senkt den Energiebed­arf der Stahlprodu­ktion um die Hälfte.

Ist die Bilanz gut oder schlecht?

Die Landesregi­erung hat sich Ziele gesetzt. 2025 will sie etwa den Hausmüll auf 104 Kilogramm pro Bürger senken, noch liegt er 14 Kilo darüber. Außerdem sollen noch mehr Wertstoffe und Biomüll pro Kopf gesammelt werden. In den Fließgewäs­sern findet sich flächendec­kend Mikroplast­ik, das die Ozeane verschmutz­t. „Deswegen müssen wir hin zur echten Kreislaufw­irtschaft“, so Unterstell­er. Das heißt: Jedes Produkt muss wenn möglich zu 100 Prozent wiederverw­ertet werden, statt auf einer Deponie zu landen. Positiv zu Buche schlagen dagegen die pro Bürger sinkenden Mengen vor allem beim Hausmüll sowie die stabilen Abfallgebü­hren. Bei der Wiederaufb­ereitung von Klärschlam­m ist das Land laut Unterstell­er europaweit führend.

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FOTO: DPA Die Abfallgebü­hren sind in den vergangene­n Jahren weniger stark gestiegen als Preise für andere Produkte und Dienstleis­tungen.

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