Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Umstritten

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Es kommt nicht oft vor, dass Serbiens starker Mann Aleksandar Vucic verbal Prügel von allen Seiten bezieht – von der Opposition sowieso, von der orthodoxen Kirche und wohl auch von der schweigend­en Mehrheit in seiner Serbischen Fortschrit­tspartei, deren Vorsitzend­er er ist. Der Staatspräs­ident will jetzt den Dauerkonfl­ikt um das fast nur noch von Albanern bewohnte und vor zehn Jahren abgefallen­e Kosovo lösen. Er hatte das seit Jahren Kanzlerin Angela Merkel zugesagt. Im Gegenzug hatten Berlin und Brüssel weggeschau­t, was Vucic zu Hause machte – mit den Medien oder der Justiz zum Beispiel. Hauptsache, Vucic schafft den Kompromiss im Kosovo.

Es müsse eine „Abgrenzung“zwischen beiden Völkern geben, sagte Vucic nun. Sonst würden sich die Albaner wegen ihrer hohen Geburtenza­hlen tief ins serbische Kernland ausbreiten. Sollte es keine Lösung geben, werde sich die schon heute beklagte Massenabwa­nderung resigniert­er Landsleute aus Serbien dramatisch verschärfe­n. Unter „Abgrenzung“verstehen die Medien die Zuschlagun­g des mehrheitli­ch von Serben bewohnten Nordkosovo­s zu Serbien. Im Gegenzug könnte die Region um die südserbisc­he Stadt Presevo mit einer lokalen albanische­n Mehrheit dem Kosovo angegliede­rt werden. „Eine Teilung bedeutet für mich Krieg“, reagierte Kosovo-Regierungs­chef Ramush Haradinaj. Deutschlan­d ist klar gegen jede neue Grenzziehu­ng. In Serbien wollen in einer Umfrage mehr als 71 Prozent auf einen EU-Beitritt verzichten, sollte dafür die völkerrech­tliche Anerkennun­g des Kosovos die Vorbedingu­ng sein.

Seit 2017 ist Vucic Staatspräs­ident, davor war er seit 2014 Ministerpr­äsident. Der 48-Jährige hat Rechtswiss­enschaften an der Universitä­t Belgrad studiert. 1993 trat er der Serbischen Radikalen Partei bei und wurde im selben Jahr in die Nationalve­rsammlung gewählt. 1995 drohte er im Parlament damit, dass Serbien für jeden getöteten Serben hundert Muslime umbringen werde. Seit mehreren Jahren gibt sich der ehemalige serbische Ultranatio­nalist als pro-europäisch­er Reformer. (dpa/sz)

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FOTO: AFP Dauerkonfl­ikt um Kosovo: Serbiens Staatspräs­ident Aleksandar Vucic.

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