Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Senkrechtstarter gegen Seenot
50 Jahre DO 31: Studenten stellen sich heute dem Praxistest beim Innovationspreis
FRIEDRICHSHAFEN - Sie sind Studenten der Luft- und Raumfahrttechnik, angehende Maschinenbau-, Elektrotechnik-Ingenieure oder Informatiker. Sie haben jede Menge Zeit für dieses Projekt investiert und manche Nacht durchgearbeitet. Und sie haben sich einer spannenden Herausforderung gestellt: Montagnachmittag präsentierten die Teams der FH Aachen, der RWTH Aachen und der TU Braunschweig im DornierMuseum ihre senkrecht startenden unbemannten Flächenflugzeuge, die sie für die Wasserwacht Nonnenhorn entwickelt und gebaut haben.
Hintergrund ist der Innovationspreis, den die Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrttechnik (DGLR) anlässlich des 50. Jahrestags des Erstflugs der DO 31 ausgeschrieben hat. Nachdem die Studenten ihre konzeptionellen Ideen und Ansätze der hochkarätig besetzten Jury vorgestellt haben, steht heute um 13 Uhr auf dem Zeppelin-Gelände der Praxistest an. Am 11. und 12. August werden die Modelle während der DODays einem breiten Publikum öffentlich zugänglich gemacht. Die Bekanntgabe der Sieger und die Preisverleihung findet bei einer Festveranstaltung am Samstag, 5. September, im Dornier-Museum statt. Für das Siegerteam gibt es 7000 Euro, für die Nächstplatzierten 3500 und 2500 Euro.
Für Camilo Dornier, Enkel von Claude Dornier, steht der Wettbewerb unter dem Motto „Aus der Vergangenheit lernen, mit Blick in die Zukunft das Machbare für die Gegenwart entwickeln“. Die Aufgabenstellung ist klar formuliert: Es geht um Seenot. Vielleicht um einen höheren Wellengang oder um eine Situation in der Dämmerung mit verminderter Sicht. Im Falle vermisster Personen sollen die jetzt entwickelten Senkrechtstarter bei Suchaktionen zum Einsatz kommen, wie Horst Steinberg vom Freundes- und Förderverein Dornier-Museum erklärt. Startund Landepunkt soll eine Plattform des Rettungsboots „Christophorus“mit einer Größe von 1,5 mal 1,5 Metern sein. Die Auf- und Abbauzeit soll jeweils maximal zehn Minuten betragen. Natürlich wird es bis zu einer eventuellen „Einbindung in die Rettungskette“noch ein weiter Weg sein, wie Karl Heinz Höpfl, Vorsitzender der Wasserwacht Nonnenhorn, einräumt. Letztlich sei es aber wichtig, Potenziale aufzuzeigen, um so auch Entwicklungen anzuschieben, wie von anderen Jury-Mitgliedern bestätigt wird.
Ganz unterschiedliche Ansätze in der Herangehensweise wurden von den einzelnen Teams verfolgt. Die Studenten der RWTH Aachen setzen auf ein Kippflügelgerät, bei dem die Transition vom Schwebeflug hin zum aerodynamisch getragenen Flächenflug über Kippen der gesamten Tragfläche erreicht wird. Die Braunschweiger Studenten präsentieren eine Weiterentwicklung eines im Vorjahr aufgebauten Nurflügel Heckstarters, der auf einem im Handel erwerblichen Bausatz basiert. Das Team der FH Aachen hat sich für ein Starrflügel-UAV mit Pusherantrieb und getrennten Hoversystem entschieden, um eine hohe Effizienz des Antriebsstrangs in Start-, Lande- und Streckenflugphase zu erreichen.
Dass sich bei der bundesweiten Ausschreibung keine Studententeams aus der Region beworben haben, wird von den Jury-Mitgliedern bedauert. „Ich achte bei Bewerbungen von jungen Ingenieuren nicht auf die Abschlussnote“, sagt Florian Seibel, Chef des bayerischen Luft- und Raumfahrtunternehmens Quantum Systems. Gerade solche studentischen Wettbewerbe seien hervorragend geeignet, um sich außerhalb der Hochschule zu beweisen. Wie der Wettbewerb ausgeht, wird sich heute entscheiden. „Die Wahrheit liegt auf dem Rasen“, sagt Florian Seibel.