Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wasserentnahmeverbot im Bodenseekreis
Landwirt Walter Klink verzweifelt am neuen Erlass des Landratsamts wegen Trockenheit – Ihm droht ein wirtschaftlicher Totalschaden
FRIEDRICHSHAFEN - Für Landwirt Walter Klink aus Ailingen geht es jetzt um alles: Er kann vom heutigen Dienstag an seine Pflanzen nicht mehr bewässern. Acht Hektar Erdbeer-Jungpflanzen und einen Hektar Himbeeren hat er zu versorgen. Normalerweise genügt ihm dafür das Regenwasser. Und wenn es eng wird, kann er die Rotach anzapfen. Für die Entnahme des Wassers hat er eine Genehmigung. Ausgerechnet bei der jetzigen Trockenheit nutzt sie ihm allerdings nichts: Im Bodenseekreis gilt vom heutigen Dienstag an ein generelles Verbot der Wasserentnahme aus Oberflächengewässern im gesamten Landkreis. Da die Wetterprognose auch für mindestens weitere zwei Wochen hohe Temperaturen und weiterhin keinen nennenswerten Niederschlag erwarten lässt, untersagt das Landratsamt per Allgemeinverfügung jegliche Wasserentnahme aus Oberflächengewässern. Das Verbot gilt zunächst für zwei Wochen. Wenn die Trockenheit weiter anhält, soll das Verbot verlängert werden. Auch der Landkreis Ravensburg will ein generelles Wasserentnahmeverbot aussprechen.
Walter Klink sieht einen Totalschaden voraus. „Das hat katastrophale Folgen. Wir reden hier nicht von 10 000 Euro, sondern von 240 000 Euro Schaden.“Und das sei nur der Wert dessen, was er investiert habe – an Pflanzen, an Dünger, an Arbeitszeit, also keineswegs schon der Verkaufswert.
Die Wasserstände von Bächen und Flüssen sind jetzt in einem kritischen Bereich angekommen, auch der Bodenseewasserspiegel liegt weit unter Norm, meldet das Landratsamt. „Durch die anhaltende Trockenheit und die weiterhin hochsommerlichen Temperaturen sind die Wasserstände von Bächen und Flüssen so zurückgegangen, dass ein generelles Wasserentnahmeverbot unausweichlich war“, erklärt Irmtraud Schuster, Dezernentin für Umwelt und Technik beim Landratsamt Bodenseekreis.
Das Entnahmeverbot gilt sowohl für alle Wasserentnahmen im Rahmen des Gemeingebrauchs als auch für alle bisher genehmigten Wasserentnahmen, wie für die Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen. Betroffen sind alle Wasserentnahmen aus Fließgewässern wie Bächen, Flüssen und Triebwerkskanälen als auch Weihern und Seen. Derzeit vom Verbot ausgenommen sind lediglich die Entnahmen aus dem Bodensee und aus dem Grundwasser in genehmigtem Umfang. Landwirten wird geraten, bei der Versorgung von Jungpflanzen auf die öffentliche Wasserversorgung zurückzugreifen. Werden größere Wassermengen benötigt, sollten sich die Landwirte direkt mit dem örtlichen Wasserversorgungsunternehmen in Verbindung setzen.
Zur öffentlichen Wasserversorgung haben Walter Klinks Felder aber keinen Zugang. Maximal 40 Kubikmeter Wasser brauche er am Tag, sagt er, mehr nicht. Er arbeitet mit einer sehr gezielten Tropfbewässerung. „Mit Wasserverschwendung hat das nichts zu tun“, beteuert er. Zur Gegenwehr will er ein neutrales Wasserentnahmegutachten erstellen lassen. „Und wenn die ersten Ausfälle kommen, müssen wir Landwirte sofort Schadenersatz anmelden.“
Die anhaltend hochsommerlichen Temperaturen und die niedrigen Pegelstände führen laut Landratsamt zu sehr hohen Wassertemperaturen und in der Folge zu einem verringerten Sauerstoffgehalt, was insbesondere den Fischen große Probleme mache. In kleineren Gewässern haben nach Auskunft der Fischereibehörde beim Regierungspräsidium Tübingen zwischenzeitlich schon Notabfischungen stattgefunden. Wer in dieser, für viele Fische und sonstige Wasserlebewesen kritischen Situation das Verbot ignoriert, riskiert laut Landratsamt ein Bußgeld von bis zu 10 000 Euro oder sogar ein Strafverfahren.