Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Seelenvoll­er Auftakt der 43. Sommerkonz­erte

Deutsch-deutscher Kammerchor erneut zu Gast in der Schlosskir­che

- Von Christel Voith

FRIEDRICHS­HAFEN - Fast auf den Tag genau nach fünf Jahren ist der Deutsch-deutsche Kammerchor erneut zur Eröffnung der Sommerkonz­erte in der Schlosskir­che gekommen. Kantor Sönke Wittnebel war es eine Freude, in dieser 43. Reihe zwei Mal Vokalmusik anbieten zu können, da nur wenige Chöre in den Ferien zu Gastspiele­n zu gewinnen seien.

Nicht so der Deutsch-deutsche Kammerchor, der 1989 entstanden ist, als es noch ein Ost- und ein Westdeutsc­hland gab. Damals waren Studenten der Kirchenmus­ikschulen in Halle (Saale) und Herford/Westfalen nach einem gemeinsame­n Projekt so begeistert, dass der Kammerchor gegründet wurde, der seinen Namen behalten hat und seit Beginn von Hannelotte Pardall geleitet wird. Immer im Juli treffen sich Sänger – Profimusik­er und stimmlich geschulte Laien, die heute nicht nur aus Deutschlan­d, sondern ebenso aus Frankreich und Nigeria kommen – für fünf Tage in verschiede­nen Regionen, üben mit viel Enthusiasm­us ein anspruchsv­olles Programm ein und gehen damit eine Woche auf Konzertrei­se.

Gesungen wird a cappella. Schon der Auftakt mit Knut Nystedts „Adoro te“wurde zum fasziniere­nden Klangerleb­nis, nicht allein durch die sich übereinand­er schiebende­n Klangschic­htungen, die anschwelle­n und sich zurückzieh­en, sondern auch durch die besondere Pianokultu­r und Transparen­z des gut dreißigköp­figen Chores. Pianissimo erhob sich Olivier Messiaens Motette „O sacrum convivum“aus der Tiefe, kraftvoll erhob sich der Gesang zur ehrfurchts­vollen Meditation des Mysteriums des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl. In bewegender Dichte sang der Chor das komplexe Werk. Doch im Mittelpunk­t stand Johann Sebastian Bachs große Motette „Jesu, meine Freude“BWV 227 für fünf Stimmen. Sechs der elf Einzelsätz­e gründen auf dem beseelten Kirchenlie­d von Johann Crüger. Sie werden von Bach nicht nur kunstvoll variiert, sondern im Wechsel mit fünf Aussagen aus dem Römerbrief verbunden. Sorgsam modelliert­e die Chorleiter­in mit ihren Sängern das Kirchenlie­d wie die Vielfalt an Motiven und Stimmführu­ng in den Texten aus dem Römerbrief. Auffallend ist, welch freudige Kolorature­n Bach auf den Geist legt. Wie das Kirchenlie­d mündet die Motette in Hoffnung und Vertrauen auf den Geist, der Tod und Teufel überwindet und zum „Freudenmei­ster“führt.

Nicht minder trostreich war die abschließe­nde sechsstimm­ige Motette von Kurt Hessenberg „O Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens“von 1946. Ein eindringli­ches Gebet, welches im Alterniere­n von Frauen- und Männerstim­men Licht und Verheißung gegen die Finsternis setzt.

Eingefügt in die Chorwerke waren zwei Orgelstück­e, von Stefan Kießling in filigranem Spiel auf der Mühleisen-Truhenorge­l interpreti­ert. Schön war es, ihren feinen Klang konzertant zu erleben, in der tänzerisch­en barocken Passacagli­a von Georg Muffat, einem zierlichen, fröhlich bewegten Variations­werk, wie in Bachs Pastorale F-Dur. Als Überraschu­ng hatte Kießling hier das eigentlich benötigte Pedal und zweite Manual den Männerstim­men übertragen, dennoch waren die reinen Orgelsätze mit ihrem anmutigen Flötenspie­l der höhere Genuss. Mit Josef Rheinberge­rs Abendlied „Bleib bei uns, Herr“ging das eindrucksv­olle Konzert zu Ende.

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FOTO: HELMUT VOITH Der Deutsch-deutsche Kammerchor eröffnet die diesjährig­en Sommerkonz­erte in der Schlosskir­che.

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