Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein Lernprozes­s

Deutschlan­ds Radsport sucht den Klassement­fahrer – Emanuel Buchmann soll sich bei der Vuelta weiterentw­ickeln

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ARIS (SID) - Sprinter und Zeitfahrer gibt es zur Genüge. Einen Fahrer, der bei der Tour de France in der Gesamtwert­ung ganz vorne mitkämpft, sucht der deutsche Radsport seit Jahren. Aber es gibt Sportler mit Potenzial: Maximilian Schachmann zum Beispiel. Emanuel Buchmann. Lennard Kämna.

Dieser Maximilian Schachmann, so ist in der Branche zu hören, der hat die Anlagen. Der Berliner ist ein starker Zeitfahrer, es war im Nachwuchs seine Domäne, und er fährt sehr gut und auch sehr gerne die Berge hoch. Schachmann, so könnte man schlussfol­gern, wird bei der Tour de France irgendwann eine Rolle in der Gesamtwert­ung spielen. Gemach, sagt er selbst, „das ist schwer zu prognostiz­ieren“.

Der 24-Jährige befindet sich gerade inmitten seiner zweiten Saison als Radprofi auf höchstem Niveau, er hat mit seinem Etappensie­g bei einer Bergankunf­t des Giro d’Italia in diesem Jahr für Aufsehen gesorgt. Sein Tour-Debüt könnte 2019 folgen. Schachmann weiß längst um die enorme physische und mentale Beanspruch­ung, die eine große Landesrund­fahrt einem Klassement­fahrer abverlangt, deshalb will er sich „nicht zu viel Druck auf die Schultern legen“.

Als die Tour am Sonntag ihr großes Finale erlebt hat, beendete Schachmann gerade ein Höhentrain­ingslager im italienisc­hen Livigno. Der Profi aus der sehr erfolgreic­hen Mannschaft Quick-Step Floors hat in dieser Saison noch einiges vor, etwa bei der Deutschlan­d-Tour (23. bis 26. August). „Ich arbeite so hart wie ich kann“, sagte Schachmann der ARD, denn natürlich hat er die Frankreich-Rundfahrt im Hinterkopf: „Es ist ein Kindheitst­raum, dort ganz vorne mitzufahre­n. Ich will es mindestens einmal versuchen.“

Irgendwann Kapitän bei der Tour

Emanuel Buchmann ist schon ein Stück weiter, er hat die Tour bereits dreimal durchgesta­nden, 2017 war der Ravensburg­er immerhin 15. der Gesamtwert­ung. Diesmal fehlte Buchmann, weil er sich auf die Vuelta in Spanien (25. August bis 16. September) konzentrie­ren soll, die er als Kapitän bestreiten wird. Seinem Teamchef Ralph Denk bei Bora-hansgrohe brachte der Verzicht auf den 25-Jährigen auch Kritik ein, die Tour ist nun einmal die größte Bühne des Radsports. „Es ist ein Lernprozes­s, irgendwann kommt er als Kapitän zur Tour zurück, da bin ich ganz sicher“, sagte Denk der „Süddeutsch­en Zeitung“. Der eher stille und zurückhalt­ende Buchmann ist per se keiner für das grelle Rampenlich­t, die Strategie des Teams, ihn langsam heranzufüh­ren, daher durchaus schlüssig. „Es war mein Wunsch, in eine Grand Tour als Kapitän zu gehen“, sagte Buchmann vor einer Weile dem Internetpo­rtal Cyclingmag­azine.de. Die gemeinsame Wahl fiel erst einmal auf die Vuelta.

Lennard Kämna, der dritte deutsche Radprofi mit dem Potenzial für Rundfahrte­n, ist derzeit wohl am weitesten von höheren Weihen entfernt. Der Norddeutsc­he hat eine Schaffensp­ause eingelegt, nachdem seine Saison von mehreren Krankheite­n geprägt war. Diese Unterbrech­ung, so teilte Kämnas Mannschaft Sunweb mit, sei nötig, um die langfristi­gen Ziele des 21-Jährigen nicht zu gefährden. „Ich bin sehr jung Profi geworden, und meine Karriere hat sich rasend schnell entwickelt“, sagte Kämna, der 2017 bereits Weltmeiste­r im Team-Zeitfahren wurde. Damals entgegnete er auf die Frage nach seinen Rundfahrta­mbitionen: „Ich habe keine Lust, mich in eine bestimmte Nische drängen zu lassen. Da ist noch so eine große Lücke zwischen mir und einem guten Rundfahrer.“

Der deutsche Radsport wird also noch Geduld brauchen.

Der Tour-de-France-Sieg von Geraint Thomas hat in seiner Heimat Wales eine Welle der Euphorie ausgelöst. Während der 32-Jährige noch in Paris feierte, fuhren in Cardiff Hunderte von Radlern zu seinen Ehren in gelben Trikots und T-Shirts durch die Straßen. Mit Einbruch der Dunkelheit leuchteten das Cardiff Castle, das Rathaus der Stadt und mehrere andere Schlösser in Wales feierlich in gold-gelbem Licht. Der Stadtrat verpasste sogar dem roten Drachen im Wappen von Cardiff vorübergeh­end ein gelbes Trikot. Der walisische Fußball-Nationalsp­ieler und RealMadrid-Star Gareth Bale, der dieselbe Schule wie Thomas besucht hatte, gratuliert­e auf Twitter. „Unglaublic­he Leistung eines Schulkamer­aden der Whitchurch High“, schrieb Bale. „Was für ein Sieg!“Die britische Premiermin­isterin Theresa May meldete sich ebenfalls auf Twitter. „Gratulatio­n an Geraint Thomas zu seinem Erfolg bei der Tour de France“, schrieb May. „Ein großer Erfolg, auf den jeder im Vereinigte­n Königreich stolz sein kann.“

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FOTO: DPA Auf ihm ruhen nicht wenige deutsche Radsport-Hoffnungen: Emanuel Buchmann, Ravensburg­er, aus dem Team Bora-hansgrohe.

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