Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Mit kühlem Kopf zum Horizont
Hinter dem Horizont geht’s weiter, sang Udo Lindenberg. Er formulierte damit eine schlichte Wahrheit. Aber es gibt zweierlei Horizonte: den geographischen und den geistigen. Der geographische verschiebt sich leicher: Man marschiert ein wenig, schon liegt der Horizont woanders. Der geistige Horizont wird dagegen hingenommen. Jeder ist mit seinem zufrieden und hält an ihm fest. Das merkte meine Frau kürzlich beim Bäcker. Stieg da vor der Tür ein Fahrer aus dem Auto, ließ den Motor laufen und stellte sich hinter sie in die Schlange. Keine besonders lange Schlange. Aber weil Bäcker heute ja richtige Gasthöfe mit 20 Sitzplätzen sind, die sechs Sorten Kaffee und zehn verschiedene Sorten belegter Brötchen im Angebot haben, dauerte es eine Weile, bis sie dran war. Währenddessen tuckerte draußen in der prallen Sonne der Motor des Mannes hinter ihr. Endlich fragte sie ihn, ob es nicht eine gute Idee wäre, den Motor abzustellen. Nein, das sei keine gute Idee, meinte er. Weil im Auto die Klimaanlage nicht funktioniere, wenn der Motor nicht laufe. Interessant, sagte meine Frau. Damit es im Auto kalt ist, heizen sie mit dem Motor das Klima weiter auf. Um deshalb dann die Klimaanlage noch weiter hochzudrehen. Auf diesen Einwand gab er nichts, machte nur eine wegwerfende Handbewegung. Er wird dann weggefahren sein, um den Horizont zu verschieben. Aber nur den geographischen.