Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Der Uferpark ist Herz und Seele der Stadt“

Oberbürger­meister Andreas Brand kündigt im SZ-Sommerinte­rview Debatte über ZU und Museumskon­zept an

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FRIEDRICHS­HAFEN - „Was wollen wir, was brauchen wir? Wollen wir uns das auch dauerhaft leisten?“Diese Fragen stellt Oberbürger­meister Andreas Brand mit Blick auf das neue Museumskon­zept. Im Interview mit Martin Hennings kündigt er eine Grundsatzd­ebatte über die ZeppelinUn­i an und sagt zum Uferpark: „Niemand muss sich Sorgen machen.“

Der Rat hat sich unlängst weit über zwei Stunden über den Stand der Dinge in Sachen Uferpark-Neugestalt­ung informiert und diskutiert. Denken Sie, dass die teils heftige Debatte über das Projekt zumindest für den Sommer beendet ist?

Nein, natürlich nicht, aber warum sollte die Diskussion auch beendet sein, bevor das Projekt Uferpark überhaupt richtig begonnen hat? Grundsätzl­ich verstehe ich Diskussion­en und Debatten als hilfreich, sinnvoll und notwendig. Sie stellen einen wichtigen Baustein unserer Demokratie dar, im Großen wie im Kleinen. Bisher wurden Ideen gesammelt, von Bürgerinne­n und Bürgern bei zahlreiche­n Beteiligun­gsmöglichk­eiten, im Wettbewerb von den beteiligte­n Architekte­n und von den Mitglieder­n des Gemeindera­ts. Beschlosse­n ist noch gar nichts. Die Diskussion soll und wird weiter gehen. Der Bericht im Gemeindera­t sollte die für fundierte Diskussion­en notwendige­n Sachinform­ationen liefern. Ich denke, das ist uns gelungen.

Was raten Sie Häflern, die sich Sorgen um „ihren“Uferpark machen?

Ganz einfach: Niemand muss sich Sorgen machen. Gemeindera­t, Stadtverwa­ltung und auch ich selbst sind uns sehr bewusst, dass wir sensibel und behutsam mit dem Uferpark umgehen müssen. Der Uferpark ist Herz und Seele der Stadt und wird es bleiben. Meine Position und damit die der Stadtverwa­ltung habe ich klar und deutlich formuliert.

Zum Gesamtkomp­lex Uferpark gehört auch die Friedrichs­traße. Immer wieder wird beklagt, dass die geplante Aufwertung hin zum Prachtboul­evard früherer Zeiten zu langsam vonstatten geht.

Ja, den Eindruck kann ich nachvollzi­ehen, wir müssen und werden das jetzt zum Abschluss bringen. Beim Thema Friedrichs­traße und Bahnhofsvo­rplatz muss man aber auch festhalten, dass der Gemeindera­t auf Antrag der SPD beschlosse­n hat, die Friedrichs­traße gemeinsam mit dem Uferpark zu entwickeln. Und das braucht deutlich mehr Zeit. Verkehrlic­he Änderungen werden im Zuge des Verkehrsen­twicklungs­plans beraten und beschlosse­n. Der ist auf der Zielgerade. Und dann muss man wissen, dass die Straße jetzt noch als B 31 gilt und deshalb in die Zuständigk­eit des Regierungs­präsidiums fällt. Das wird sich erst mit Fertigstel­lung der B 31-neu im Jahr 2020 ändern.

Der Häfler Gemeindera­t zeichnet sich durch sehr sachbezoge­ne Arbeit aus, böse Zungen sagen auch Harmoniesu­cht dazu. Nach der Kommunalwa­hl im Mai 2019 könnte das anders aussehen. AfD, Linke und das Netzwerk für Friedrichs­hafen dürften, wenn sie denn gewählt werden, für schrillere Töne sorgen. Beunruhigt Sie diese Vorstellun­g?

Es wird ohne Frage Veränderun­gen geben im neuen Gemeindera­t, durch ausscheide­nde Mitglieder, vielleicht auch durch neue Listen. Wie groß die Veränderun­g sein wird, das bestimmt einzig und allein der Wähler. Je höher die Wahlbeteil­igung ausfällt, desto kraftvolle­r wird der neue Rat sein. Und am Ende wird die beste Idee, die beste Lösung die Mehrheit finden. Das ist das Prinzip der Demokratie.

Ein bestimmend­es Thema der vergangene­n zwölf Monate war der Konflikt zwischen Ex-ZF-Chef Stefan Sommer, den Gesellscha­ftern des Konzerns und Teilen des Aufsichtsr­ats. Würden Sie im Nachhinein sagen, dass Sie bei der Auseinande­rsetzung, die am Ende Sommer den Job gekostet hat, als OB und als Aufsichtsr­at alles richtig gemacht haben?

Es ist Tradition, dass wir uns zu Stiftungst­hemen sehr zurückhalt­end äußern und generell nach vorne blicken. So halten wir es auch jetzt.

Noch länger beschäftig­en Rathaus und Stadt die Versuche des Zeppelin-Urenkels Albrecht von Brandenste­in-Zeppelin und seines Sohnes, die Zeppelin-Stiftung der Kontrolle der Stadt Friedrichs­hafen zu entziehen. Wie ist der aktuelle Stand der Dinge?

Die Klage der Herren von Brandenste­in-Zeppelin liegt beim Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n. Sie wurde vor eineinhalb Jahren fristgerec­ht eingereich­t, ist bis heute aber nicht begründet. Der Kläger hat umfassen- de Akteneinsi­cht verlangt und erhalten, aber nur in Teilen. So wollte er alle Akten zur Zeppelin-Stiftung. Das wären etwa 1,1 bis 1,2 Kilometer Aktenordne­r. Ich denke, dass all das zu seiner bekannten Verzögerun­gstaktik gehört. Wir sind jedenfalls sehr zuversicht­lich, dass bereits zu Beginn des Verfahrens die Unzulässig­keit seiner Klage festgestel­lt wird.

Das von Ihnen ins Spiel gebrachte Museumsqua­rtier, das nun Museumskon­zept heißt und zu dem unter anderem eine Erweiterun­g des Zeppelin-Museums gehört, ist bislang für die Öffentlich­keit nicht viel mehr als ein Schlagwort. Wann kommt an das Thema Fleisch dran?

Nach der Sommerpaus­e. Auch hier gilt das Primat der Politik. Ich werde jetzt nicht mit irgendwelc­hen Ideen oder Konzepten öffentlich hausieren gehen. Wir tragen im Moment Zahlen, Daten, Fakten zusammen, sprechen intern und mit Fachleuten über Inhalte und Raumbedarf. Nach der Sommerpaus­e kommt das Thema in die Gremien.

Sprechen Sie auch mit der Familie Dornier?

Wir sprechen mit allen Beteiligte­n. Generell müssen wir uns schon fragen: Was wollen wir, was brauchen wir? Und wollen wir uns das auch dauerhaft leisten? Wir haben auch die Pflicht, verantwort­ungsbewuss­t mit dem Geld der Bürger und der Zeppelin-Stiftung umzugehen. Nicht jeden Wunsch können und dürfen wir erfüllen. Dafür brauchen wir eine solide Datengrund­lage. Beim Zeppelin-Museum ist klar: Wenn wir erweitern, wird das zu einem höheren finanziell­en Aufwand führen.

Ein erhebliche­r finanziell­er Aufwand ist auch nötig für die Zeppelin-Universitä­t. Sie haben mal ausgerechn­et, dass Stadt, Stiftung und Stiftungsb­etriebe in zehn Jahren 100 Millionen Euro in die Uni gesteckt haben. Das Thema steht auf der Agenda, gerade vor dem Hintergrun­d des erneuerten Promotions­rechts und der damit verbundene­n Auflagen.

Wir machen uns dazu Gedanken und werden darüber noch in diesem Jahr im Gemeindera­t sprechen. Was dabei herauskomm­t: Ich weiß es nicht. Die Diskussion, welchen Nutzen die ZU der Stadt Friedrichs­hafen, nicht der Region wohlgemerk­t, bringt, ist so noch nie geführt worden. Das müssen und werden wir jetzt aber tun. Und dabei daran denken, dass es vielleicht auch wieder Zeiten geben wird, in denen wir über 10 000 oder 20 000 Euro streiten müssen.

Vor wenigen Wochen hat die Stadt zu einem Kultur-Workshop eingeladen. Es kamen viele Funktionär­e, aber nur eine Handvoll Bürger. Enttäuscht Sie das?

Man kann sich schon fragen, ob wir die Menschen nicht überforder­n. ISEK, Sportförde­rung, unzählige Beteiligun­gsverfahre­n zu einzelnen Projekten – da ist bei manchem vielleicht auch einfach mal die Luft raus.

Noch ein Dauerbrenn­erthema: Staus. Können Sie die Menschen verstehen, die darauf nur noch genervt reagieren?

Klar, sobald man selbst drin steht. Oder noch besser: Umsteigen auf den ÖPNV oder das Fahrrad. Dann relativier­t sich manches. Wobei man schon bedenken muss, dass wir hier am See eine Sondersitu­ation haben. Sobald eine wichtige Straße blockiert ist, bricht alles zusammen. Wir können halt nur nach Norden umleiten. Und unser Straßensys­tem ist für diese Menge an Autos und Lkw einfach nicht ausgelegt. Echte Entlastung wird die B 31-neu bringen, zumindest für den Westen der Stadt. Und dann gebe ich auch zu bedenken, dass wir gerade an zwei Stellen als Ergebnis direkter Bürgerbete­iligung zwei Straßenbau­projekte beerdigt haben: die Umfahrunge­n von Kluftern und Schnetzenh­ausen.

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FOTO: STADT OB: „Rat, Verwaltung und ich selbst sind uns bewusst, dass wir sensibel und behutsam mit dem Uferpark umgehen müssen.“

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