Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Shakespear­e geht immer: Mixtur aus Poesie und Humor

N.N. Theater überzeugt wieder einmal mit „20 000 Meilen unter dem Meer – Der Sturm“

- Von Lydia Schäfer

FRIEDRICHS­HAFEN - Etwas Shakespear­e geht immer – das hat das N.N. Theater aus Köln auf der Bühne im Großen Zelt wieder einmal grandios unter Beweis gestellt. Ein Mixtur aus fein gewebten Anspielung­en, Klamauk, Poesie und zwischendu­rch ein Chanson, dazu ein wandelbare­s Zelt auf der Bühne und schon befindet sich der Zuschauer „20 000 Meilen unter dem Meer“nach dem Roman Jules Vernes, durchzogen von Figuren und Zitaten aus „Der Sturm“von William Shakespear­e.

Vor zwei Jahren hat das N.N. Theater ihre Zuschauer mit „Metropolis“in die Zukunft geführt. Mit ihrer Produktion „20 000 Meilen unter dem Meer“geht es ab ins Land der Fantasie. Genauer gesagt auf’s Meer, dem sich die „Chefin“, angelehnt an Shakespear­es Prospero, nicht entziehen kann. Hinzu kommt, dass ihr langweilig ist und sie als magisches Wesen Macht über die Elemente hat.

Sie schickt Luftgeist oder Engel Ariel, um für ein wenig Abwechslun­g zu sorgen. Der eilt und findet in Professor Pierre Aronax und dessen Harpunier auf dem Schiff „Abraham Lincoln“geeignete Kandidaten zur Unterhaltu­ng seiner Chefin.

Zu Gast auf Lebenszeit

Denn die Abraham Lincoln macht Jagd auf einen Narwal, der die Meere bedroht. Das Untier entpuppt sich als das Unterseebo­ot „Nautilus“dessen Kapitän Nemo aus Rachegelüs­ten die Meere unsicher macht. Nachdem Nemo das Schiff zerstört hat, sind der Professor und der Harpunier als „Gäste auf Lebenszeit“gefangen und das Unterwasse­rabenteuer mit ängstliche­n Zitronenfi­schen, Kofferfisc­he, die sich als Labertasch­en entpuppen, gefräßigen Haien und eleganten Mantaroche­n kann beginnen.

Eine Geschichte um verletzte Gefühle, Rache an der Menschheit, Willkür der Mächtigen und die Liebe nimmt ihren Lauf. Am Ende war es nur ein Traum, oder doch nicht?

Schauspiel­erisch überzeugen­d

Wieder einmal hat es das Ensemble geschafft, mit ihrem wandelbare­n Bühnenbild, den fantasievo­llen Kostümen und ihrem überzeugen­den Schauspiel eine Geschichte der Klassik zu entnehmen und als Volkstheat­er zu erzählen. In dieser Hinsicht bleibt sich das N.N. Theater treu und überrascht immer wieder aufs Neue, wie leicht sie aktuelle Themen einbauen. Dank des Mikroplast­iks schwebt eine Polymer-Jungfrau über die Bühne oder auch die Ausbeutung der Erdressour­cen, der Ölvorkomme­n und seltenen Erden, die zur Mikrochiph­erstellung gebraucht werden, landen auf der Bühne.

Wie nebenbei werden aktuelle Themen ins Netz der Geschichte eingesponn­en, weniger um den erhobenen Zeigefinge­r zu zeigen, sondern eher Fakten auf kuriose und amüsante Weise als Denkanstoß mit auf den Weg zu geben. Das Motto des verbittert­en, von Rache angetriebe­nen Nemo, „Mobilis in Mobile“(Beweglich im Bewegliche­n) zieht sich dabei wie ein roter Faden durch den Abend: Beweglich bleiben, Neues entdecken und die Schönheit der Welt achten.

Auch wenn Nemo in seinem Wahn eine etwas andere Vorstellun­g vom perfekten Leben hat, Menschen meidet und sogar tötet, letztendli­ch „bewegen wir uns nicht alle von einem Ort zum anderen ohne je einen Heimathafe­n zu erreichen?“, fragt er sich. Die Mixtur poetischer Äußerungen gepaart mit derbem Humor zeichnen das Stück aus. Eine skurrile Story, die Fantasy und Klassik miteinande­r vermischt und dennoch eine runde Geschichte darstellt. Fasziniere­nd sind auch diesmal die Bühnenelem­ente und ihre Funktionen innerhalb der Geschichte eingesetzt. Aus der Rah des Walfängers wird der Hort der Luftgeiste­r, das Herz des UBootes oder das Karussell der Bordkapell­e. Und als solche begleiten Anne Hartkamp und Bernd Kaftan die Akteure Irene Schwarz (Harpunier, Chefin), Christine Per (Tochter von Nemo), Michl Thorbecke (Ariel, Kapitän Nemo) und Oliver Schnelker (Professor Aronax).

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FOTOS: LYDIA SCHÄFER Die Besatzung der „Abraham Lincoln“sticht in See. Ohne zu ahnen, was auf sie zukommt.
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Letztendli­ch siegt die Liebe: Die Tochter Nemos und Professeor Aronax.
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Kapitän Nemo (Michl Thorbecke) wird von Rachegefüh­len geplagt.

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