Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Manne Lucha informiert sich an der Basis
Sozial- und Integrationsminister besucht Wohngruppe der Stiftung Liebenau
LIEBENAU (kisc) - Im Rahmen seiner dreiwöchigen Sommertour machte Baden-Württembergs Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha gestern Halt bei der Stiftung Liebenau. Bei einem Rundgang durch die Stiftung besuchte er verschiedene Wohngruppen und informierte sich über die Betreuung von Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf im Fachzentrum Liebenau.
Neben Christof Schrade (Leiter von Luchas Wahlkreisbüro Ravensburg) und Meckenbeurens Bürgermeisterin Elisabeth Kugel waren von der Stiftung Liebenau Vorstandsmitglied Berthold Broll, Christine Beck (Geschäftsführerin Bereich Wohnen) und Peter Brauchle (Mitarbeitervertreter) beim Besuch dabei. „Dies ist ein basisnaher Besuch. Sie können heute den Personenkreis kennenlernen, für den wir hier im Fachzentrum auch stehen," sagte Christine Beck zur Begrüßung und gab einige Hintergrundinformationen über die Bewohner von St. Josef.
In dem Wohnhaus leben, aufgeteilt in drei Gruppen, 41 geistig behinderte Menschen mit unterschiedlich hohem Betreuungs- und Pflegebedarf.
Berthold Broll sprach in seiner Begrüßungsrede über die positive Rolle Baden- Württembergs im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes, war jedoch auch kritisch: „Die Menschen mit einem hohen Hilfebedarf haben bislang nicht primär im Fokus der Gesetzentwicklung gestanden. Dieser Personenkreis ist nicht primär im Gesetz abgebildet.“Manne Lucha sagte, dass diese Menschen nicht außerhalb des Fokus stünden. Für ihn sei das Bundesteilhabegesetz neben der Pflegeversicherung die größte Sozialrechtsreform der letzten 30 Jahre.
„Wir haben einen kompletten Paradigmenwechsel. Die ökonomische wie fachliche Umsetzung ist die größte Herausforderung. Wenn es die Stiftung Liebenau nicht schafft, dann schafft es keiner“, sagte der Minister. Berthold Broll hingegen befürchtet, dass mit der Einführung des Gesetzes „der Verwaltungsaufwand massiv steigen wird. Das kann nicht kostenneutral werden.“Lucha entgegenete: „Wir wollen nicht überbürokratisieren.“
Zentrale Unterbringung manchmal wichtig
Beim Besuch des Wohnhauses St. Josef und dem anschließenden Kaffeetrinken dort war der Fachkräftemangel das vorherrschende Thema. Hier waren sich Broll und Lucha einig, dass die Attraktivität der Pflegeberufe gesteigert werden müsse.
Und auch die Bezahlung müsse stimmen, so Lucha. Im Gespräch mit Mitarbeiterinnen des Wohnhauses machten diese deutlich, dass die dezentrale Unterbringung von Menschen mit Behinderung zwar generell eine sehr gute Sache sei, aber es auch solch geschützte Räume wie in Liebenau und Rosenharz geben müsse. „Wir haben hier Leute, die brauchen enge Kontrollen. Hier können sie selbständig allein zur Arbeit, ins Café oder in die Kirche gehen, ohne dass man Angst haben muss, dass sie vom Auto überfahren werden“, sagte Mitarbeiterin Ulla Hydara.
Beim Abschied forderte Lucha alle auf, sich mit ihren Anliegen in seinem Wahlbüro zu melden.