Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Tettnanger Bauhof versucht, Biberschäden kleinzuhalten
Stadt versucht Spagat zwischen Hochwasser- und Naturschutz
KAU - Tettnangs Biber darf in seinem neuen Lebensraum am Ortsausgang von Kau bleiben, bekommt aber klare Grenzen gesetzt wo und wie hoch er bauen darf. Und: Der städtische Bauhof Tettnang hilft ihm bei der Umsetzung. So könnte man den Kompromiss beschreiben, den das Landratsamt des Bodenseekreises, das Regierungspräsidium Tübingen und die Stadtverwaltung Tettnang gefunden haben. Das Problem: Der Biber ist ein streng geschütztes Tier. Ihn zu verjagen oder umzusiedeln ist nur unter sehr schwierigen Bedingungen möglich. Weil er sich aber in den beiden Regenrückhaltebecken zwischen Kau und Tettnang niedergelassen hat und dort das Wasser anstaut, machte man sich vor Ort Sorgen. Denn wenn die drei Becken schon lange vor Regenfällen gefüllt sind, wie sollten sie dann den Hochwasserschutz aufrecht erhalten, wenn sie gebraucht würden? Außerdem problematisch: Der Rückstau aus dem oberen Becken könnte zu einer Versandung der Drainagerohre in der Nähe führen. Dann hätte auch die Landwirtschaft ein Problem, so die Befürchtung.
Die Lösung der behördlichen Expertenrunde: Das obere der beiden Becken darf nicht angestaut werden und im unteren Becken darf das Wasser nicht höher als etwa 30 Zentimeter unter der Dammkrone steigen. So bleibt der Eingang zum Bau des Bibers unter Wasser und damit vor Feinden geschützt. Gleichzeitig soll auf diese Weise aber auch der Hochwasserschutz sichergestellt werden. Doch dem Biber ist dieser bürokratische Kompromiss zwischen Naturund Hochwasserschutz nur schwer beizubringen. Deshalb räumen Mitarbeiter des städtischen Bauhofs jeden Morgen den Durchfluss vom oberen zum unteren Becken frei. Mit Forken, gebogenen Mistgabeln, räumen sie Schlick, Schilf und kleine Hölzer weg. Und nachts ist der Biber wieder aktiv. „Über das Wochenende ist er richtig fleißig“, sagt Bastian Eberl, Leiter des städtischen Bauhofs. Denn dann sammelt sich das Baumaterial von Samstag und Sonntag an dem Durchfluss.
In den vergangenen Monaten ist aus dem Wiesenbereich mit dem sonst kleinen Flüsschen ein Biotop geworden. Bäume liegen quer, meterhoch wächst überall Schilf. Zwischen 20 und 45 Minuten schätzt Eberl den Arbeitsaufwand seiner Männer an Werktagen. Die Kosten für das Ausräumen muss die Stadt selbst bezahlen, es ist ein städtisches Gewässer. Dass die Bauhofmitarbeiter nicht willkürlich vorgehen, ist Eberl wichtig. „Wir haben eine Ausnahmegenehmigung dafür“, sagt er.
Biber gibt im unteren Becken auf
Der ausgeräumte Schlamm und kleinere Stöcke türmen sich rechts und links des kleinen Durchflusses zum unteren Becken. Was einmal ausgeräumt wurde, lässt der Biber einfach liegen, es wird nicht recycelt. Genau das spielt den Bauhofmitarbeitern in die Hände, sie können das Baumaterial einfach liegen lassen. Beim Ortsbesuch am Montagmorgen ist die Aufgabe nach wenigen Minuten erledigt. Das Wasser fließt wieder, der Pegel im oberen Becken sinkt. Am unteren Becken hat der Biber das Spiel mit dem Bauhof bereits aufgegeben. Das Tier hat sich hier scheinbar mit dem Pegel angefreundet, im Becken wird kaum noch gebaut.
Ein paar Meter weiter
Doch es bahnt sich neuer Ärger an. Wenige Meter weiter im Flussverlauf, hat der Biber bereits angefangen das Wasser über die komplette Bachbreite anzustauen. Hier mus bei einer erneuten Begehung mit den Biberbeauftragten der übergeordneten Behörden entschieden werden, wie es weitergeht, heißt es von der Stadt.
Kaus Ortsvorsteher Joachim Wohnhas ist skeptisch, ob das Ausräumen ausreicht, den Hochwasserschutz sicherzustellen. „Es hat seit dem Treffen im April nicht mehr geregnet“, sagt er. Was sich wo und wie hoch fülle, sei überhaupt nicht klar. Auch die Verlagerung der Dämme sieht er kritisch. Er geht davon aus, dass bei einem Starkregen deutlich mehr gemacht werden muss. „Natürlich nur mit Absprache“, sagt er und ergänzt: „Lassen wir es auf uns zukommen.“
Den vom Biber zugebauten Durchfluss im Video sehen Sie unter www.schwäbische.de/ tt-biberdamm