Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Wir wollen Mehrstaatigkeit vermeiden“
BERLIN - Zur doppelten Staatsangehörigkeit befragte Andreas Herholz den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Harbarth (CDU/Foto: Imago).
Wird der Doppelpass jetzt zur Regel?
Unser Ziel ist klar: Wir wollen Mehrstaatigkeit vermeiden. Es gibt aber Ausnahmen, die wir nicht vermeiden können. So können etwa Staatsangehörige anderer EU-Mitgliedstaaten eingebürgert werden, ohne dass sie ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft aufgeben müssen. Dasselbe gilt auch für die Schweiz. Der überwiegende Anteil der Fälle betrifft Einbürgerungen aus anderen EU-Staaten. Aber immer, wo solche Ausnahmen nicht greifen, müssen wir darauf achten, dass bei der Einbürgerung Mehrstaatigkeit vermieden wird.
Experten sind der Ansicht, die doppelte Staatsangehörigkeit fördere die Integration, Kritiker sehen im Doppelpass dagegen ein Integrationshemmnis. Was meinen Sie?
Ob ein Doppelpass ein tatsächliches Integrationshemmnis ist, kommt sicherlich immer auf den Einzelfall an. Es sind damit eben schon zwei Loyalitäten verbunden. Denken Sie an den türkischen Staatspräsidenten, der hier gezielt auch um Wähler mit Doppelpass wirbt. Gelungene Integration beinhaltet neben vielem anderen gerade auch das Bekenntnis zu unseren Werten. Aber Wertvorstellungen können miteinander kollidieren, was eine positive Hinwendung zu unseren Werten und somit zu erfolgreicher Integration unmöglich machen kann. Wie damit umgegangen wird, hängt von der betroffenen Person ab.
Eigentlich ist das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht ja darauf angelegt, Mehrstaatigkeit zu vermeiden. Was läuft denn da falsch?
Der Grundsatz, dass wir Mehrstaatigkeit vermeiden, gilt. Wenn wir aber sehen, dass Ausnahmen dazu führen, dass der Doppelpass der Regelfall wird, dann ist das ein Weckruf. Wir müssen prüfen, ob mit der Gewährung doppelter Staatsangehörigkeit zu großzügig verfahren wird.
Laut CDU-Parteitagsbeschluss soll die doppelte Staatsangehörigkeit die absolute Ausnahme sein. Junge Doppelstaater sollen sich entscheiden. Wann wird dies umgesetzt?
Für jede Änderung im Staatsangehörigkeitsrecht benötigen wir die Mehrheit der Koalition. Eine solche Mehrheit in der Koalition mit der SPD ist derzeit nicht in Sicht.