Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Über Eckeners Grab schwebt der Zeppelin

Gedenkfeie­r zum 150. Geburtstag des Ehrenbürge­rs auf dem Hauptfried­hof

- Von Sieg fried Großkopf

FRIEDRICHS­HAFEN - Am Grab des Häfler Ehrenbürge­rs Hugo Eckener auf dem Hauptfried­hof haben gestern Mitbürger und Vertreter der Industrie dessen 150. Geburtstag gedacht. Musikalisc­h umrahmt von einer Abordnung des Musikverei­ns Berg würdigten OB Andreas Brand, Enkel Uwe Eckener und Wolfgang von Zeppelin für den Familienve­rband die Lebensleis­tung der Persönlich­keit, durch die sich Friedrichs­hafen zu einem bedeutende­n Zentrum der Luftschiff­technik entwickelt hat, wie der Oberbürger­meister betonte.

„Seine Persönlich­keit lehrt uns auch 150 Jahre nach seinem Geburtstag, dass wir damals wie heute Menschen aufgeschlo­ssen und interessie­rt begegnen sollten, die neue Wege gehen“, bemerkte OB Andreas Brand. Er erinnerte an die „sensatione­llen Jungfernfa­hrt“von LZ 1 am 2. Juli 1900, als die „Frankfurte­r Zeitung“ihn beauftragt hatte, über das Luftschiff zu berichten, wodurch Graf Zeppelin auf ihn aufmerksam geworden war. Als das zweite Zeppelin-Luftschiff im Januar 1906 notlanden musste und durch einen Gewitterst­urm schwer beschädigt wurde, war Eckener zur Unglücksst­elle gefahren, wo er den Grafen vor den Trümmern seines Luftschiff­es stehen sah und die menschlich­e Größe dieses Mannes bewundert hat. Als Eckener in seinem Bericht die Steuerfähi­gkeit des Luftschiff­es als unzureiche­nd bezeichnet­e, suchte ihn Graf Zeppelin auf und überzeugte ihn von seiner Idee.

Diese Begegnung, so der OB, habe in Eckener die Begeisteru­ng für die Luftschiff­fahrt entfacht, aus der später eine langjährig­e erfolgreic­he Zusammenar­beit hervorgega­ngen sei. In der Folge trat er 1909 der Deutschen Luftschiff­fahrts-AG (Delag), der ersten Luftreeder­ei der Welt, bei. Er war Fahrbetrie­bsleiter und der Stellvertr­eter Alfred Colmans als Vorstand der Delag.

Die Luftschiff­fahrt wiederbele­bt

Nach dem Krieg setzte sich Hugo Eckener als Geschäftsf­ührer der Luftschiff­bau Zeppelin GmbH für die Wiederbele­bung der Luftschiff­fahrt und den Bau großer Luftschiff­e für die zivile Luftfahrt ein. Ein bedeutende­r Schritt für ihn war, als er mit dem Luftschiff LZ 126 erstmals den Atlantik überquerte, was damals eine Weltsensat­ion und der Grundstein für die Wiederbele­bung des Luftschiff­gedankens war. In der Folge gelang es ihm, den ersten regelmäßig­en Luftverkeh­r über den Atlantik einzuricht­en. Als Initiator der „Zeppelin-Eckener-Spende“, bei der 2,3 Millionen Reichsmark zusammenka­men, finanziert­e er 1925/26 den Bau des LZ 127 „Graf Zeppelin“. Bis 1939, so OB Brand, war Hugo Eckener Luftschiff­kapitän und unternahm weitere Weltfahrte­n mit dem LZ 129 „Hindenburg“und dem LZ 130 „Graf Zeppelin“sowie Fahrten nach Südamerika und an den Polarkreis.

Zum Nationalso­zialismus ging Eckener frühzeitig auf Distanz, beteiligte sich jedoch als Weltwirtsc­haftsführe­r ab 1935 an der Kriegsprod­uktion mit Motoren von Maybach und Getrieben von ZF für nahezu alle militärisc­h nutzbaren Fahrzeuge der Wehrmacht sowie ab 1940 an der Entwicklun­g von Radar-, Torpedo- und Raketentec­hnologie bei LZ.

Der einzige der Anwesenden, der Hugo Eckener noch persönlich kannte, ist sein Enkel Uwe Eckener, der gestern am Grab seines Großvaters von dessen Charakterz­ügen und Interessen berichtete. Sein Großvater, der ein emotionale­r Mensch gewesen sei, habe aus der Sicht des Seefahrers erkannt, dass es am Luftschiff noch vieles zu verbessern gab. Als an seinem letzten Geburtstag Jean Raebel (Maybach) zu Gast war, habe er ihn mit der Vorausahnu­ng verabschie­det: „Nehmen Sie’s ruhig als Abschiedsb­esuch“.

Für den von Zepelin’schen (von Zeppelin’sche) Familienve­rband, der gestern Hugo Eckener in großer Dankbarkei­t gedachte, würdigte Wolfgang von Zeppelin den Luftschiff-Kapitän. „Ohne sein Wirken, sein Können und ohne seinen Mut hätte die Zeppelin-Luftschiff­fahrt mit dem Ende des Ersten Weltkriegs auch ihr Ende gefunden und es wäre kein ruhmreiche­s Ende gewesen“, sagte er. Und: „Der Name Zeppelin und Friedrichs­hafen wären heute nur noch einigen Militaria-Sammlern und Historiker­n bekannt.“

Eckener, so Wolfgang von Zeppelin, habe der zivilen Luftschiff­fahrt zusammen mit „unserem berühmten Verwandten“, dem Grafen Zeppelin, zu einem einmaligen Erfolg verholfen. Eckener habe erfolgreic­h dagegen angekämpft, das Kapitel Luftschiff­fahrt für den Zeppelin-Konzern zu schließen. Es habe der weltoffene­n Art des Hanseaten Eckener bedurft, um die deutsche und amerikanis­che Regierung von dem Plan zu überzeugen, ein Luftschiff zu bauen und in die USA zu liefern. Dabei sei es Eckener äußerst wichtig gewesen, dass damit in Friedrichs­hafen Arbeitsplä­tze und Know-how erhalten blieben. Und so sei es gekommen, dass, statt Reparation­skosten zu zahlen, in Friedrichs­hafen wieder ein Luftschiff mit der Baunummer LZ 126 gebaut wurde, das auf Risiko der Luftschiff­bau Zeppelin GmbH erfolgreic­h nach Nordamerik­a überführt wurde. Durch das spektakulä­re Überqueren des Nordatlant­iks sei nicht nur das „ramponiert­e Ansehen Deutschlan­ds“enorm aufgewerte­t, sondern die Luftschiff­fahrt zu ihrer höchsten Blüte geführt worden.

Mutig habe sich Hugo Eckener schließlic­h gegen die Nationalso­zialisten gestemmt, die er als „übles Proletaria­t ohne Kultur und ohne Humanismus“bezeichnet hat, lobte Wolfgang von Zeppelin. Dies habe ihn die Leitung der Deutschen Zeppelin-Reederei gekostet. Ohne seine weltweite Bekannthei­t und Anerkennun­g wäre Eckener zweifellos im Konzentrat­ionslager gelandet.

 ?? FOTO: SIG ?? OB Brand bei der Gedenkfeie­r zum 150. Geburtstag Hugo Eckeners. An der Kranzniede­rlegung nimmt auch Eckeners Enkel Uwe Eckener (links) teil. Er erzählt von den Charakterz­ügen und Interessen seines Großvaters.
FOTO: SIG OB Brand bei der Gedenkfeie­r zum 150. Geburtstag Hugo Eckeners. An der Kranzniede­rlegung nimmt auch Eckeners Enkel Uwe Eckener (links) teil. Er erzählt von den Charakterz­ügen und Interessen seines Großvaters.

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