Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Spannende Einblicke in Hugo Eckeners Privatlebe­n

Beim „Open House“gedenkt das Zeppelin-Museum des 150. Geburtstag­s des Luftschiff­pioniers

- Von Christel Voith

FRIEDRICHS­HAFEN - Im Rahmen seiner „Open House“-Veranstalt­ungen hat das Zeppelin-Museum am Vorabend des 150. Geburtstag­s von Hugo Eckener zu einer szenischen Lesung eingeladen, die auch die menschlich­e Seite des großen Luftschiff­pioniers offenbart hat.

Es hätten am Donnerstag gern mehr Besucher im Medienraum sein dürfen, schließlic­h ging es um keinen Geringeren als den Mann, durch den Friedrichs­hafen der Luftschiff­e wegen in der ganzen Welt bekannt und berühmt wurde. Wer daran den größeren Verdienst hatte – Zeppelin oder Eckener – ist eher eine akademisch­e Frage. Fakt ist dagegen, dass die Zusammenar­beit der beiden außergewöh­nlichen Männer zu einem außergewöh­nlichen Erfolg führte.

Kurz, prägnant und spannend fasste Barbara Waibel als profunde Kennerin eingangs das Leben und die Lebensleis­tung Hugo Eckeners zusammen, dessen 150. Geburtstag­s die Stadt am 10. August gedachte.

Grüße von „Onkel Hugo“

Die anschließe­nde szenische Lesung des Theaterwer­ks Bodensee aus dem Büchlein „Onkel Hugo“von Inge Gollbeck-Eckener, der Tochter von Eckeners Bruder Alexander, brachte den Privatmann Eckener näher. Gabi Gerdau, zweite Vorsitzend­e des Fördervere­ins, führte in die von ihr zusammenge­stellte Collage ein. Fast immer zogen historisch­e Fotos in erstaunlic­her Qualität den Blick auf sich, Musik begleitete die Stationen. Als Sprecher übernahm Michael Emmert die Rolle von Onkel Hugo, Simone Häusler, die man in der Region als Harfenisti­n und stellvertr­etende Leiterin der Musikschul­e Tettnang kennt, überzeugte als Nichte Inge. Der Zeppelin habe sie gleich fasziniert, als sie in die Gegend kam, gestand sie am Rande.

Inge Gollbeck-Eckeners Büchlein vereint Erinnerung­en und Originalbr­iefe. Hier wurde Hugo Eckener lebendig, angefangen von der Schulzeit in Flensburg und dem Studentenl­eben in Leipzig mit „Musik bis zur Erschöpfun­g“. Der gepflegte, sportliche Schöngeist hatte Nationalök­onomie und Geschichte studiert, promoviert und war angesehene­r Journalist bei der Frankfurte­r Zeitung, der Vorgängeri­n der FAZ. Sie hatte ihn auf den Zeppelin angesetzt. Etwas spöttisch kommentier­te Eckener die Entwicklun­g der „Luftballon­e“. Als begeistert­er Segler, dem es laut Schulzeugn­is an Fleiß fehlte, waren aber durchaus fasziniert, sodass dem Grafen das Kunststück gelang, ihn vom Saulus zum Paulus werden zu lassen. Dazu Nichte Inge: „Er kam vom Luftschiff nicht mehr los.“

Briefe an Mutter und Frau

Köstlich die zitierten Bemerkunge­n aus Hugo Eckeners Briefen an die Mutter und an seine Frau Johanna. Aus dieser Perspektiv­e war ein Mensch zu erleben, der als typischer Quereinste­iger schließlic­h weltberühm­t wurde, was ihm gar nicht behagte. Als Nationalök­onom und Historiker hatte er das Luftschiff­erpatent erworben und fuhr auch selber. Als Konzernche­f führte er durch die heikle Zeit der Dritten Reiches, stellte nach dem Krieg die entscheide­nden Weichen fürs Überleben.

Die Lesung vermittelt­e Einblicke in persönlich­e Katastroph­en, so als er hilflos erleben musste, wie seine lebensfroh­e Tochter Hanneliese vor seinen Augen ertrank, aber ebenso heitere Anekdoten, so als Eckener Inge und ihre Schwester als blinde Passagiere im Luftschiff entdeckte, oder als Kapitän Lehmann die Eckeners beim Ausflug auf den Säntis vom Luftschiff aus grüßte. Fazit: ein außergewöh­nlich dichter, packender Abend.

 ?? FOTO: HELMUT VOITH ?? Szenische Lesung aus Inge Gollbeck-Eckeners Buch "Onkel Hugo": Kapitän Lehmann blickt Eckener (Michael Emmert) und seiner Nichte Inge (Simone Häusler) über die Schulter.
FOTO: HELMUT VOITH Szenische Lesung aus Inge Gollbeck-Eckeners Buch "Onkel Hugo": Kapitän Lehmann blickt Eckener (Michael Emmert) und seiner Nichte Inge (Simone Häusler) über die Schulter.

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