Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Chicago? New Orleans? Friedrichshafen!
„Häfler aus aller Welt“: Die Amerikanerin Felicia Glidden hat sich vom Leben in der Region begeistern lassen
FRIEDRICHSHAFEN - Menschen aus rund 120 Nationen leben laut aktueller Statistik in Friedrichshafen und tragen zur kulturellen Vielfalt in unserer Stadt bei. Viele von ihnen sind längst am See zu Hause und identifizieren sich mit ihrer neuen Heimatstadt. In unserer Serie „Häfler aus aller Welt“stellen wir Männer und Frauen vor, die uns an ihrem Lebensweg teilhaben lassen und erzählen, warum sie sich im Hafen so wohlfühlen. Heute: eine Amerikanerin, für die der Bodensee wie eine Badewanne aussieht.
Wo genau liegt eigentlich Minnesota? Gar keine so leichte Frage für uns Deutsche, die wir uns doch so gern darüber mokieren, dass Amerikaner nicht in der Lage seien, europäische Länder auf der Landkarte überhaupt auszumachen. Felicia Glidden ist in diesem beschaulichen, im mittleren Westen liegenden USBundesstaat aufgewachsen, dessen Name aus der Sioux-Sprache abgeleitet ist und soviel wie „klares Wasser“heißt. Er grenzt an Kanada und den Lake Superior und er umfasst immerhin fast zwei Drittel der Fläche Deutschlands. Seit 2012 ist die bildende Künstlerin mit dem nicht weniger bekannten Häfler Musiker Alain Wozniak verheiratet und fühlt sich in Friedrichshafen so richtig wohl.
„Salem2Salem“nannte sich ein multidisziplinäres Kunstprojekt, an dem im
Jahr 2010 jeweils 20 Künstler aus Baden-Württemberg und aus den Vereinigten Staaten beteiligt waren – und das Bezug darauf nahm, dass es den genannten kleinen Ort eben nicht nur im Badischen, sondern auch in Washington County des Staates New York gibt. Felicia Glidden und Alain Wozniak nahmen beide an diesem Projekt teil. Und so nahm die deutsch-französisch-amerikanische Liebesgeschichte ihren Lauf.
Ob sie in Friedrichshafen die weite Welt vermisst? „Natürlich fehlt mir die Stadtluft ein wenig“, kommt Felicia Glidden ins Plaudern. Kein
Wunder, schließlich hat sie ja schon in großen Metropolen wie Chicago, New Orleans oder Washington D.C. gelebt. Und doch liebt sie den Charme ihrer neuen Heimat. „Mir gefällt einfach die kleinstädtische Wohngegend. Und wenn man will, ist man mit dem Zug schnell in München, Stuttgart, Paris oder anderen großen Städten“, sagt sei frei heraus. „Dafür haben wir hier den See, viel Wald und Natur – das ist wirklich ein Traum.“Dass man sich kurzerhand aufs Fahrrad setzen kann und die schönsten Touren machen kann, auch davon ist die Amerikanerin begeistert. Und davon, dass „man auch als Frau nachts auf der Straße keine Angst zu haben braucht.“
„Networking ist mein Hobby“
An der University Minnesota Duluth und an der University of Maryland hat Felicia Glidden zunächst ihren Bachelor und Jahre später ihren Master of Fine Arts gemacht. Heute arbeitet sie freiberuflich und ist darüber hinaus Dozentin an der Jugendkunstschule des Bodenseekreises in Meersburg. Im digitalen Zeitalter zu leben, ist auch in ihrem Beruf von Vorteil. „Networking ist mein Hobby – ich bin mit vielen Künstlern weltweit vernetzt und freue mich immer wieder auf die Zusammenarbeit mit ihnen“, sagt sie. „Das herauszuholen, was unter der Oberfläche ist, was man nicht sofort sieht“, dieser Ansatz ist ihr in ihrer künstlerischen Arbeit immer wichtig gewesen. Im „Whitney Museum of American Art“in Manhattan hat sie erst 2017 ausgestellt. In Friedrichshafen hat sie sich unter anderem anlässlich einer Apostelausstellung in der St.-Magnus-Kirche zusammen mit Alain Wozniak künstlerisch mit Matthäus auseinandergesetzt. Ganz aktuell ist ihre Ausstellung „Himmelsschwärmer“ in der St. Nikolauskirche. „Die Leute hier sind sehr nett und zuvorkommend“, sagt Felicia Glidden und erzählt davon, dass ihre Vorfahren aus aller Herren Länder kommen, zum Beispiel auch aus Irland, Wales – und Deutschland. Trotzdem: „Die deutsche Sprache ist schon noch ein Problem“, gibt die Künstlerin zu. „Aber das kommt nach und nach.“Bei eventuellem Heimweh genießt sie den Blick von Manzell aus auf den See. „Der Bodensee erinnert mich wirklich sehr an zu Hause – auch wenn er im Größenvergleich zu den großen Seen meiner Heimat eher an eine Badewanne erinnert“, sagt sie lachend.