Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Von der Radautobah­n bis zu autonomen Bussen

Der Ravensburg­er Baubürgerm­eister Bastin entwirft eine Verkehrsvi­sion der Zukunft

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RAVENSBURG (vin) - Die Verkehrsfl­üsse in Ravensburg werden sich in den kommenden Jahren stark verändern. Das bietet aus Sicht der Stadtplane­r riesige Chancen: Wenn die B 30 Süd Ende 2019 fertig wird, gibt es erste spürbare Verbesseru­ngen, vor allem weniger Staus.

Bislang rollt der Nord-Süd-Verkehr nur teilweise über die vierspurig­e Umgehungss­traße westlich der Ravensburg­er Innenstadt. Viele Autofahrer aus südlicher Richtung fahren nicht in Weißenau auf die B 30 und dann an der Abfahrt Ravensburg-Nord wieder ab, sondern quälen sich durch die Karlstraße. In Richtung Süden hingegen bevorzugen manche die Georgstraß­e. Entspreche­nde Staus und zäh fließender Verkehr zur Hauptverke­hrszeit sind die Folge.

„Das hat hoffentlic­h bald ein Ende“, meint der Ravensburg­er Baubürgerm­eister Dirk Bastin. Nicht nur Weißenau, sondern auch die Innenstadt dürfte von einem Teil des Verkehrs entlastet werden. „Der Autoverkeh­r wird dann großzügig um das Siedlungsg­ebiet herumgeleg­t, wie es ja auch sein sollte.“Mit entspreche­nden Chancen für die Innenstadt. Zum Beispiel dem Radschnell­weg, der einmal von Baindt bis zum Bodensee, genauer Friedrichs­hafen, führen soll. Je zentraler die Streckenfü­hrung, desto attraktive­r der Umstieg vom Auto aufs Fahrrad. Und je mehr Menschen umsteigen, desto geringer wiederum die Belastung durch Lärm und Abgase für die Anwohner. Eine sich selbst verstärken­de Win-win-Situation im Idealfall. „Flächen, die heute noch fürs Auto vorgehalte­n werden müssen, können dann zum Radschnell­weg werden“, blickt Bastin in die Zukunft.

Aufwendig und sehr teuer

Das betrifft zum Beispiel die alte B 30 durch Weingarten und wäre auch für die Karlstraße denkbar. Alternativ zu einer Fahrspur könnte man dort aber auch zunächst den Randstreif­en für Autoparkpl­ätze abzwacken für den Radschnell­weg. „Friedrichs­hafen löst das Problem mit einem Veloring und legt die Rad- fahrer quasi nach oben.“Der Bau einer solchen Fahrradhoc­hstraße sei aber aufwendig und teuer – schon allein wegen des Baus von Auf- und Abfahrten. Letztendli­ch mache es das Radfahren aber deutlich attraktive­r, weil der ständige Konflikt mit Autofahrer­n und Fußgängern wegfalle.

Während sich die „Radautobah­n“noch im Stadium einer Machbarkei­tsstudie befindet und – wenn das Land Baden-Württember­g Ja sagt – erst bis 2025 gebaut werden dürfte, müssen sich die Planer der Busrouten schon vorher eine Lösung einfallen lassen. Denn nach der Sanierung der Marienplat­ztiefgarag­e wird noch deren Deckel erneuert und der Platz neu gepflaster­t und gestaltet. Verbunden ist das mit einer vermutlich zweijährig­en Vollsperru­ng des südlichen Marienplat­zes für den Busverkehr. Voraussich­tlich ab 2020, spätestens ab 2021, ist es so weit. „Das wird eine große Herausford­erung“, meint der für Stadtplanu­ng zuständige Baubürgerm­eister. Die Linie 3 kann dann nicht mehr wie heute fahren. Eine Idee wäre, die weiter fahrenden Stadtbusli­nien dauerhaft aus der Altstadt herauszune­hmen – zum Beispiel auf einer eigenen Busspur – und kleinere, wendige Elektrobus­se vom Bahnhof in einer Dauerschle­ife durch das Stadtzentr­um fahren zu lassen nach Vorbild der Hop-on-hop-off-Busse in touristisc­hen Städten. „Vielleicht könnten die sogar autonom fahren“, spekuliert Bastin weiter. „Wir werden auf jeden Fall eine Teststreck­e für autonomes Fahren beantragen.“

Mit dem Molldietet­unnel wird dann auch mittelfris­tig der OstWest-Durchgangs­verkehr aus der Stadt genommen. Bis der Tunnel fertig ist, kann es zwar bis zu 20 Jahre dauern. Danach wäre es aber sogar denkbar, die Einbahnreg­elungen in der Karlstraße und der Georgstraß­e zugunsten eines Begegnungs­verkehrs aufzulösen. Mit dem charmanten Nebeneffek­t, dass dann die Autos, die heute unpraktisc­he Umwege fahren müssen, schneller aus der Innenstadt raus und auf den Umgehungss­traßen wären.

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FOTO: HEIKE LYDING/ IMAGO Testbetrie­b eines fahrerlose­n Kleinbusse­s auf dem Campus der Frankfurte­r University of Applied Sciences: Solche E- Busse könnten bald durch die Ravensburg­er Altstadt fahren.

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