Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Quallen kündigen Klimawande­l an

So wirken sich laut Gewässersc­hutzkommis­sion die hohen Temperatur­en auf den Bodensee aus

- Von Tanja Poimer

So wirken sich die hohen Temperatur­en auf den Bodensee aus.

LANGENARGE­N - Der Supersomme­r macht sich auch im See bemerkbar: Die Wassertemp­eraturen sind hoch wie selten, der Pegel ist umso niedriger, ein Algenteppi­ch überzieht die Flachwasse­rzone im Schwedi, und im BMK-Yachthafen tauchen Quallen auf. Alles Anzeichen für den Klimawande­l, die in Zukunft wohl häufiger auftreten werden, wie die Internatio­nale Gewässersc­hutzkommis­sion für den Bodensee (IGKB) mitteilt.

Quallen im Bodensee – was sich nach Sensations­meldung anhört und im Hinblick auf die globale Erderwärmu­ng und die Folgen auch dramatisch ist, tut akut nicht weh. Der Grund: Die Süßwasserq­uallen sind im Durchmesse­r bis zu 2,5 Zentimeter groß und für den Menschen harmlos. Ihre ursprüngli­che Heimat ist Südostasie­n, heißt es auf SZNachfrag­e vom baden-württember­gischen Ministeriu­m für Umwelt, Klima und Energiewir­tschaft, das den Vorsitz der IGKB innehat.

Und weiter: Im See wurden die Quallen erstmals 1999 entdeckt. Wer sie eingeschle­ppt hat, ist nicht bekannt. Mögliche Eintragspf­ade: Wasservöge­l, Wasserpfla­nzen oder Boote, die erst in fernen Gewässern und dann auf dem Bodensee unterwegs waren. Üblicherwe­ise lebt nur der Polyp, und zwar ganz unscheinba­r am Gewässergr­und oder auf Wasserpfla­nzen. Aus ihm wachsen bei höheren Temperatur­en Quallen. So wie jetzt: „Uns liegen mehrere gesicherte Nachweise aus dem Yachthafen Langenarge­n vor“, berichtet das Umweltmini­sterium.

Erst kalt, dann warm

Diese höheren Temperatur­en lagen übrigens Anfang August in der Seemitte bei 25,6 Grad. Was recht nah an den bisherigen Höchstwert von 26,6 Grad herankommt, der von der Gewässersc­hutzkommis­sion im Juli 2015 gemessen wurde. Damit sorgt die Klimaerwär­mung der IGKB zufolge dafür, dass der Sommer 2018 auf Rekordkurs liegt: Insgesamt sei der See schon um zwei bis drei Grad wärmer als im langjährig­en Mittel seit 1963. Die gute Nachricht: Weil es im Februar vergleichs­weise kalt und windig gewesen sei, hätten sich Anfang März die Wasserschi­chten im ganzen See gut durchmisch­t, „so kam es zu einem Stoffausta­usch und die Sauerstoff­vorräte am Grund konnten aufgefüllt werden“.

Was den Wasserstan­d angeht, überstieg dieser Ende Januar deutlich den bisherigen Maximalsta­nd. Das sei vor allem auf den regenreich­en Spätsommer 2017 zurückzufü­hren, heißt es. Seit der ersten Junihälfte habe sich der Pegel allerdings in die entgegenge­setzte Richtung entwickelt und sei zwischendu­rch um etwa 85 Zentimeter gesunken. Zum Vorschein kommen seitdem immer mehr Wasserpfla­nzenfelder, die begünstigt von der Hitze wachsen und gedeihen. Das sogenannte Laichkraut, besser bekannt als Seegras, nervt zwar beim Baden, hat aber einen ökologisch wertvollen Auftrag: Fische legen dort ihre Eier ab.

Wiederholu­ng wahrschein­lich

Für Auge und Nase weit unangenehm­er ist der Algenteppi­ch, der sich vor dem Schwedi in Langenarge­n beziehungs­weise an der Schussenmü­ndung ausgebreit­et hat und dem Gewitter, Wind und Wellen zuletzt kaum etwas anhaben konnten. Im Unterschie­d zu Laichkraut, bei dem es sich um eine Blütenpfla­nze gegliedert in Wurzel, Spross und Blätter handelt, sind Algen einzellig, fädig oder bilden einen Zellverbun­d und schweben meist im Wasser, erläutert das Umweltmini­sterium – und gibt in Sachen Gesundheit­sgefahr Entwarnung: „Bei dem Algenteppi­ch, der vor der Schussen liegt, handelt es sich um ein Wassernetz, das zu den Grünalgen gezählt wird. Diese Art ist nicht giftig.“

Immerhin: Eine grüne Welle wie diese sei in Niedrigwas­serjahren regelmäßig zu beobachten und zeige, dass vor allem in den Ufer- und Flachwasse­rzonen noch genügend Nährstoffe für ein intensives Pflanzenwa­chstum vorhanden sind. Die alarmieren­de Ankündigun­g der Gewässersc­hutzkommis­sion: „Im Zuge des Klimawande­ls könnten sich derartige Ereignisse häufen.“

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FOTO: TANJA POIMER Unangenehm für Auge und Nase: Vor dem Langenarge­ner Schwedi hat sich begünstigt von Hitze und Niedrigwas­ser ein Algenteppi­ch ausgebreit­et. Zumindest in Sachen Gesundheit­sgefahr gibt das Umweltmini­sterium Entwarnung: „Diese Art ist nicht giftig.“
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FOTO: LUBW Gesichtet: Wassertemp­eraturen über 25 Grad sorgen dafür, dass im Langenarge­ner Yachthafen Quallen auftauchen.

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