Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ein Segen für ein Gemeinwesen
Leserbrief zu „,Waldecker’ lassen ihr Straßenfest neu aufleben“, SZ vom 10. August.
Nicht nur bei Fest und Feier wird Nachbarschaft spürbar, wie in dem Bericht vom 10. August mit der Überschrift „Waldecker“lassen ihr Straßenfest neu aufleben, in der Schwäbischen Zeitung zu lesen war. Diese Erfahrung einer großartigen Unterstützung durch eine natürliche, nicht organisierte Nachbarschaft habe ich vor ein paar Wochen hautnah erleben dürfen.
Ich bin gestürzt und habe mir den Oberarm gebrochen. Dieser Unfall war für mich eine mittlere Katastrophe, da ich alleinstehend bin und meine Söhne weit weg wohnen. Die Ärzte sagten eine Ruhigstellung des Armes, einen Heilungsprozess, von sechs Wochen und mehr voraus. Wie sollte das gehen? Ich war physisch und psychisch am Boden. Das Missgeschick bedeutete, dass ich beim An- und Ausziehen, beim Duschen und Haare waschen, beim Einkaufen und Kochen, beim Putzen und Wäsche versorgen und für den Garten Unterstützung brauchte.
Als ich vom Krankenhaus mit meinem Gurtverband zurückkam, standen die Nachbarn auf der Straße und fragten, was passiert sei und was sie für mich tun können. Zusammen organisierten wir einen Einsatzplan und die Welt sah dann, trotz allem Unglück, gleich wieder besser aus. Immer wieder wurde ich zum Grillen, zum Frühstück und zum Mittagessen eingeladen. Stand bei einer Familie Pfannkuchen oder Spätzle auf dem Speiseplan, bekam ich eine Portion ab. Auch weitere Bekannte und Freunde aus Meckenbeuren, Brochenzell und Buch boten mir ihre Hilfe an und luden mich zum Grillen, Frühstück und Mittagessen ein. Damit keine Langeweile sich breit machte, brachte mir eine Nachbarin Puzzles, um die Zeit zu gestalten.
Glücklich und froh bin ich, dass ich einer Straße und auch in einer Seelsorgeeinheit wohne, wo ein soziales Netzwerk gelebt wird. Wo man sich kennt und miteinander im Gespräch ist, wo einer vom anderen weiß, wo man sich erkundigt, ob alles in Ordnung ist, wenn die Rollläden nicht oben sind und die Zeitung am Mittag noch im Kasten steckt, wo man sich informiert, wenn man mal ein paar Tage nicht da ist. Papst Franziskus sagt: „Manchmal kann man leben, ohne seine Nachbarn zu kennen. Das entspricht nicht dem Leben eines Christen.“Glücklich und froh bin ich, dass ich diese erzwungene Auszeit mit der großartigen Unterstützung meiner Nachbarschaft und weiteren Freunden aus unserer Gemeinde so gut überstanden und ich meine Selbstständigkeit Schritt für Schritt wieder zurückgewonnen habe.
Mit diesem Leserbrief möchte ich mich bei allen, die mir in irgendeiner Weise geholfen haben und vor allen Dingen bei drei Frauen für ihre verlässliche Hilfe recht herzlich bedanken.
Rita Thesing, Meckenbeuren