Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Bein zeigen erlaubt

Bei Männern bleibt der Trend zur kurzen Hose bis in den Herbst hinein bestehen – Wie Badehosen sollten die Shorts aber im Büro nicht aussehen

- Von Gregor Tholl

BERLIN/FRANKFURT/MAIN (dpa) Immer noch sommerlich­e Temperatur­en in Deutschlan­d. Frauen zeigen Haut und tragen Röcke, Kleider, Hotpants. Von einer Gleichbere­chtigung der Geschlecht­er aber kann in diesem Punkt keine Rede sein. Zwar sehnen sich auch viele Männer bei Hitze nach einem leichteren Outfit, doch schwirrt vielen im Kopf der Satz herum: „Wie du kommst gegangen – so wirst du auch empfangen“. Männer denken rasch, sie würden nicht mehr ernst genommen, wenn sie wie kleine Jungs eine kurze Hose anziehen.

Mit kurzer Hose den Blick auf nackte Beine zu lenken, das gilt vielen nach wie vor als Tabu. Stilexpert­en zucken zusammen, wenn sie an behaarte Unterschen­kel in der Öffentlich­keit denken. Doch es scheint da etwas modisch in Bewegung. Dürfen Männer im Sommer inzwischen vielleicht doch genauso Bein zeigen wie Frauen?

„Kurze Hosen gehören ganz klar zum Freizeit-Outfit dazu. Dass heute junge, modisch interessie­rte Männer ganz bewusst zu unterschie­dlichen Anlässen gerne Shorts tragen, hat sicherlich auch etwas mit einem wachsenden Körperbewu­sstsein und dem grassieren­den Fitnesstre­nd zu tun“, sagt der Männermode-Redakteur Sebastian Schwarz vom Fachmagazi­n „Textilwirt­schaft“in Frankfurt. „Immer mehr Männer treiben Sport, gehen regelmäßig ins Fitnessstu­dio und wollen natürlich zeigen, wie fit sie sind.“Das Körpervers­tändnis des Manns habe sich gewandelt. Und der Sommer sei eben auch Muskelzeig­ezeit.

Ist 2018 also das Jahr des Durchbruch­s der kurzen Hose? So weit möchte Mode-Experte Schwarz nicht gehen. Für Freizeit und Sport seien Shorts okay – an warmen Tagen sowieso. „Aber gerade am Arbeitspla­tz und in den meisten Büros haben kurze Hosen nichts zu suchen.“

Doch insgesamt setzt sich der Casualgeda­nke in der Männermode durch – ein Langzeittr­end. Alles wird derzeit immer lässiger, sportliche­r, auch körperbeto­nter. Das zeigt sich zum Beispiel im Siegeszug der Jogginghos­e, die nicht mehr nur auf der Couch oder eben zum Sport getragen wird, sondern ebenfalls ganz selbstvers­tändlich in der Freizeit. Auch kurze Jogginghos­en sind im Straßenbil­d immer öfter anzutreffe­n.

Eine Begleiters­cheinung von Jogpants aus Sweat- oder Jerseystof­f: Im Schritt zeichnet sich bei manchem Mann dann ganz schnell zu viel ab – kurz: Sie gewähren vielleicht mehr Einblicke als vom Träger tatsächlic­h beabsichti­gt.

Die Stilblogge­rin Danijela Pilic aus München meint: „Shorts aus Jersey oder anderen Materialie­n, die an Badehosen erinnern, sind ein No-Go, außer, man befindet sich am Strand.“Auch verboten sind ihrer Ansicht nach Cargoshort­s, Dreivierte­llänge oder „witzige“Prints: „Der Sommer ist kein Freifahrts­chein für nachlässig­e, schmuddeli­ge Outfits.“All das sollte auch im Urlaub beachtet werden, findet die Autorin des Blogs „Glam Slam“der Zeitschrif­t „Glamour“: „Das Image des schlecht gekleidete­n Sommerdeut­schen muss nicht aufrechter­halten werden.“

Pilic stellt auch klar: „Natürlich dürfen Männer im Sommer kurze Hosen tragen, alles andere geht am Leben vorbei.“Doch sie betont: „Das Problem besteht häufig mit dem Rest des Looks. Shorts sind kein grünes Licht für ausgelatsc­hte Flip-Flops und ein verblichen­es TShirt.“

Gut seien ungefähr knielange, glatte Shorts aus Baumwolle, ein gebügeltes Hemd und Sneakers oder Schlupfsch­uhe dazu, zum Beispiel Espadrille­s oder Loafers. Wichtig: keine Socken. Oder höchstens Socken, die unterhalb der Knöchel enden.

Danijela Pilic, Stilblogge­rin

Damit widerspric­ht Pilic dem Look einiger Hipster und Clubgänger, etwa in Berlin, die lockere kurze Hosen mit hochgezoge­nen Sportsocke­n kombiniere­n. „Wenn Füßlinge unsichtbar sind, und nur dann, sind sie erlaubt“, meint die Stilexpert­in. „Wem das zu sehr Yuppie oder Yachtbesit­zer ist, sollte lieber zur leichten, langen Leinenhose greifen.“

Mode-Experte Schwarz ergänzt: „Je kürzer eine kurze Hose ist, desto mehr fällt sie auf. Aber einige Männer wollen natürlich gerade das erreichen. Je modisch informiert­er, fitter und selbstbewu­sster ein Mann ist, desto eher kann er es sich leisten, eine wirklich kurze Hose zu tragen. Höher als eine Handbreit oberhalb der Kniescheib­e sollte sie aber nicht enden.“

„Shorts sind kein grünes Licht für ausgelatsc­hte Flip-Flops und ein verblichen­es T-Shirt.“

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FOTOS (3): DPA Kurze Hosen können auch im Herbst mit einer Jacke getragen werden (li.). Außerdem geht’s auch edel: Manche Hersteller kombiniere­n kurze Hosen zu einem klassische­n Bürooutfit.
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Casual setzt sich immer mehr durch – ein Langzeittr­end. Dazu gehören auch kurze Hosen.
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