Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Auch Museen brauchen Events
700 Menschen bei der „Langen Nacht“im Museumsviertel Ravensburg
RAVENSBURG - Wie jedes Jahr hat es wieder zahlreiche besondere Angebote der vier Museen Ravensburgs zur Langen Nacht gegeben: Besser gelöst wurde diesmal die Abstimmung der Vorführungstermine untereinander, und die Besucher hatten mehr Auswahl an Terminen. So konnten wohl fast alle der 700 Gäste ihre Interessen koordinieren.
Die Führungen durch die Ausstellungen übernahm jeweils die Museumsleitung, dazu war eine ganze Reihe von informativen Veranstaltungen im Humpisquartier sowie LiveMusik im Museum Ravensburger und im Wirtschaftsmuseum geboten, dazu abendfüllende DJ-Barockmusik im Kunstmuseum.
Im Wirtschaftsmuseum sind gerade die ersten beiden Führungen vorbei, und so kann man sich in Ruhe der Ausstellung „Kulinarik & Genuss“widmen – vier Themenwände sind mit Tellern bestückt und diese mit Texten und Food-Fotos von Markus Leser foliert. „Die Gerichte hat alle meine Mutter gekocht“, erzählt der Fotograf mit einem Lachen. Eine nette, den Appetit fördernde Idee, mitsamt den gedeckten, mit Fotofolien bezogenen Tischen. Im Innenhof machen derweil „Franky und Amigos“lautstark Stimmung. Sie wechseln sich halbstündig ab mit dem Programm bei Ravensburger, dort ist neben den Spieltischen nebst Saft- und Bierbar unter der Kastanie noch Platz für die „Acoustic Sessions“und Tommy Haug, einer Musik, bei der man auch noch seinen eigenen Gedanken nachhängen kann.
Im Humpis stellt Zuckerbäcker Georg Maushagen von der Kärntner „Sweet Art Innovation“passend zur aktuellen Ausstellung über „Die Humpis in Avignon“ein paar Kostproben von Süßigkeiten vor: Zuckerbonbons aus eingekochtem Zuckerwasser und Stärkezucker, sie sehen aus wie kleine Stachelbeeren oder mürbes Kleingebäck. Und er weiß allerhand zu erklären zu dem im Mittelalter begehrten Material. Wieder etwas gelernt: Aus spanischem Zuckerrohr aus der Region Valencia wurde der begehrte Zucker gewonnen – und Prachtgebilde wie große Tiere oder Gebäude aus Zucker hergestellt, die auf der festlichen Tafel eines Fürstenhofs des 15. Jahrhunderts nicht fehlen durften.
Da zieht ein köstlicher Duft von Dinnete in die Nase – und Pause muss auch mal sein. Im Humpis findet man ja zu unschwäbischer Stunde wieder Platz und ist dann noch rechtzeitig im Wirtschaftsmuseum, wo um 22 Uhr ein „Ring of Fire“mit den Frey-Fireworks geplant ist. Der dauert zwar nur drei Minuten, macht aber großen Eindruck mit seinem Geknatter, Riesenwunderkerzen und einem Bühnenfeuerwerk auf den Vorbauten des Innenhofs. Große Himmelsraketen sind ja in der Innenstadt sowieso nicht erlaubt.
Im Obergeschoss des Kunstmuseums wabern satte barocke Bässe durch den Raum mit Hermann Waibels „Strichcodes“. Hölzerne Liegestühle laden zum Chillen ein, den hellhörigen Zeitgenossen drückt das Wummern noch tiefer in die Segeltuchkuhle.
Künstler fordert Stille ein
Im Moment erklingt Jean Philippe Rameau, instrumental modernisiert und klassisch vokal. Ohne Belehrung geht es dabei nicht ganz ab, schließlich verfügt der emeritierte Kunstprofessor Michael Glasmeier, selbst ein enthusiastischer Musikhörer, auch über ein gewisses Sendungsbewusstsein. Recht hat er damit, dass er zwischendurch absolute Stille einfordert, das stand schon unten im Foyer, haben aber vielleicht nicht alle gelesen.
Keine schlechte Idee, die Glasmeier bereits seit zwölf Jahren an allen möglichen Orten realisiert hat und die auch hier gut ankommt, selbst wenn zu dieser späten Stunde die Verweildauer schon erheblich abnimmt. Schließlich hat jeder nur eine begrenzte Aufnahmekapazität.