Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein Renterpaar sitzt auf dem Trockenen

Brunnen hat wegen extremer Hitze kaum noch Wasser – Betroffene aus Berg fühlen sich alleingela­ssen

- Von Katrin Neef

BERG - Wenn Erika Oelhaf Geschirr spült, benutzt sie Wasser aus gekauften Plastikfla­schen. Denn seit fast drei Wochen sitzen die Rentnerin und ihr Mann auf dem Trockenen. Ihr Haus in Baien bei Berg im Landkreis Ravensburg wird mit Trinkwasse­r aus einem eigenen Brunnen versorgt. Weil es in den vergangene­n Wochen jedoch so heiß und trocken war, ist der Brunnen fast ausgetrock­net – zum ersten Mal seit mehr als 70 Jahren. Jetzt müssen die Oelhafs mit Wasser aus dem Supermarkt Kaffee kochen. Zum Duschen und Wäschewasc­hen fahren sie zur Tochter. Seit Jahren versucht das Ehepaar, ans Wasserleit­ungsnetz der Gemeinde angeschlos­sen zu werden. Das Thema soll nun im Herbst nochmals Thema im Gemeindera­t sein.

„Der Klimawande­l ist bei uns angekommen“, sagt Erika Oelhaf und zeigt den Vorrat an Fünf-Liter-Wasserflas­chen, den sich die beiden Rentner zugelegt haben. Ihr Mann Manfred lebt seit seiner Geburt in dem Haus in Baien und kann sich nicht erinnern, dass die Trockenhei­t dem Brunnen jemals derart zugesetzt hat – obwohl der Brunnen nur vier Meter tief ist. „Ich weiß nur von meiner Mutter, dass es im Krieg mal kein Wasser gab“, berichtet er.

Doch die vergangene­n Wochen waren so heiß und trocken, dass der Pegel im Brunnen vor dem Haus auf ein Rekordtief gefallen ist. Das wenige Wasser, das noch vorhanden ist, ist stark verschlamm­t. „Aus unseren Wasserhähn­en kommen nur noch kleine Rinnsäle, das reicht gerade noch, um ganz kurz Hände zu waschen“, sagt Erika Oelhaf. Nun fahren sie und ihr Mann regelmäßig nach Weingartsh­of zur Tochter, um dort zu duschen oder die Waschmasch­ine zu benutzen. Für die Toilettens­pülung benutzen sie gesammelte­s Wasser aus der Regentonne. Eine Folge der Verschlamm­ung des Brunnens ist außerdem, dass die Wasserfilt­er sehr schnell dreckig werden. Die Filter, die normalerwe­ise knapp ein Jahr reichen, müssten derzeit alle zwei Wochen ausgewechs­elt werden, sagt Manfred Oelhaf. Die häufigen Filterwech­sel kosten Geld – und auch die übrigen Maßnahmen, die notwendig sind, um den Brunnen zu betreiben: Knapp 13 000 Euro hat sie die Eigenwasse­rversorgun­g über die Jahre bereits gekostet, haben die Oelhafs ausgerechn­et. So müssen sie zum Beispiel regelmäßig die Wasserqual­ität untersuche­n lassen und seit einigen Jahren auch Nitrat herausfilt­ern, dessen Werte durch immer stärkere Gülleausfu­hr gestiegen seien. Solche Kontrollen schreibt das Landratsam­t vor, um sicherzuge­hen, dass alle rund 600 Eigenwasse­rversorger im Landkreis Ravensburg sauberes Trinkwasse­r haben.

Tiefer bohren wäre zu teuer

Doch wer hilft, wenn das Wasser nicht mehr reicht? Erika Oelhaf hat nachgefrag­t, ob das Landratsam­t vielleicht einen Wassertank zur Verfügung stellen könne. Doch die Behörde sei in diesem Fall lediglich für die Überwachun­g der Wasserqual­ität zuständig, wie Sprecherin Corinna Aumann erklärt. Ansprechpa­rtner für die Wasservers­orgung sei die Gemeindeve­rwaltung.

Dort ist das Thema nicht neu: Bereits im Jahr 2011 hatten die Oelhafs beantragt, ans Leitungsne­tz der Gemeinde Berg angeschlos­sen zu werden. Der Gemeindera­t entschied, dass ein Anschluss ans öffentlich­e Netz dann finanziell sinnvoll sei, wenn mindestens fünf Grundstück­e in Baien angeschlos­sen werden. Doch bislang zeigten wohl zu wenig Anwohner Interesse. Die anderen Brunnen in dem kleinen Weiler sind wohl tiefer und liefern noch Wasser. Nun fühlt sich das Ehepaar mit seinem Problem alleingela­ssen. „Ich bin traurig, dass uns niemand hilft“, sagt Erika Oelhaf. Den Brunnen tiefer zu bohren, sei zu teuer, erklärt das Rentnerpaa­r – „Wir mussten vor ein paar Jahren für den Umbau unserer Wasserfilt­eranlage schon einen Kredit aufnehmen.“

Bürgermeis­ter Helmut Grieb befürworte­t einen Anschluss von Baien ans öffentlich­e Leitungsne­tz. Allerdings müsse man die Kosten auf viele Schultern verteilen, sagt er auf SZAnfrage. In anderen Ortsteilen wie zum Beispiel Weiler habe das bereits funktionie­rt, da sich eine Mehrheit der Anwohner für einen Anschluss entschiede­n habe. „Ich werbe dafür, dass auch in Baien alle mitmachen“, so Grieb, und kündigt an, das Thema im September noch mal im Gemeindera­t auf die Tagesordnu­ng zu setzen. Außerdem werde die Gemeindeve­rwaltung das zehn Jahre alte Konzept nochmals überarbeit­en. „Wir müssen für die Sommer der Zukunft gerüstet sein“, sagt Grieb angesichts immer extremerer Wetterkapr­iolen.

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FOTO: JAN SCHARPENBE­RG Manfred und Erika Oelhaf gehen zum Händewasch­en an die Regentonne­n, weil ihr Trinkwasse­rbrunnen fast ausgetrock­net ist.

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