Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ein Renterpaar sitzt auf dem Trockenen
Brunnen hat wegen extremer Hitze kaum noch Wasser – Betroffene aus Berg fühlen sich alleingelassen
BERG - Wenn Erika Oelhaf Geschirr spült, benutzt sie Wasser aus gekauften Plastikflaschen. Denn seit fast drei Wochen sitzen die Rentnerin und ihr Mann auf dem Trockenen. Ihr Haus in Baien bei Berg im Landkreis Ravensburg wird mit Trinkwasser aus einem eigenen Brunnen versorgt. Weil es in den vergangenen Wochen jedoch so heiß und trocken war, ist der Brunnen fast ausgetrocknet – zum ersten Mal seit mehr als 70 Jahren. Jetzt müssen die Oelhafs mit Wasser aus dem Supermarkt Kaffee kochen. Zum Duschen und Wäschewaschen fahren sie zur Tochter. Seit Jahren versucht das Ehepaar, ans Wasserleitungsnetz der Gemeinde angeschlossen zu werden. Das Thema soll nun im Herbst nochmals Thema im Gemeinderat sein.
„Der Klimawandel ist bei uns angekommen“, sagt Erika Oelhaf und zeigt den Vorrat an Fünf-Liter-Wasserflaschen, den sich die beiden Rentner zugelegt haben. Ihr Mann Manfred lebt seit seiner Geburt in dem Haus in Baien und kann sich nicht erinnern, dass die Trockenheit dem Brunnen jemals derart zugesetzt hat – obwohl der Brunnen nur vier Meter tief ist. „Ich weiß nur von meiner Mutter, dass es im Krieg mal kein Wasser gab“, berichtet er.
Doch die vergangenen Wochen waren so heiß und trocken, dass der Pegel im Brunnen vor dem Haus auf ein Rekordtief gefallen ist. Das wenige Wasser, das noch vorhanden ist, ist stark verschlammt. „Aus unseren Wasserhähnen kommen nur noch kleine Rinnsäle, das reicht gerade noch, um ganz kurz Hände zu waschen“, sagt Erika Oelhaf. Nun fahren sie und ihr Mann regelmäßig nach Weingartshof zur Tochter, um dort zu duschen oder die Waschmaschine zu benutzen. Für die Toilettenspülung benutzen sie gesammeltes Wasser aus der Regentonne. Eine Folge der Verschlammung des Brunnens ist außerdem, dass die Wasserfilter sehr schnell dreckig werden. Die Filter, die normalerweise knapp ein Jahr reichen, müssten derzeit alle zwei Wochen ausgewechselt werden, sagt Manfred Oelhaf. Die häufigen Filterwechsel kosten Geld – und auch die übrigen Maßnahmen, die notwendig sind, um den Brunnen zu betreiben: Knapp 13 000 Euro hat sie die Eigenwasserversorgung über die Jahre bereits gekostet, haben die Oelhafs ausgerechnet. So müssen sie zum Beispiel regelmäßig die Wasserqualität untersuchen lassen und seit einigen Jahren auch Nitrat herausfiltern, dessen Werte durch immer stärkere Gülleausfuhr gestiegen seien. Solche Kontrollen schreibt das Landratsamt vor, um sicherzugehen, dass alle rund 600 Eigenwasserversorger im Landkreis Ravensburg sauberes Trinkwasser haben.
Tiefer bohren wäre zu teuer
Doch wer hilft, wenn das Wasser nicht mehr reicht? Erika Oelhaf hat nachgefragt, ob das Landratsamt vielleicht einen Wassertank zur Verfügung stellen könne. Doch die Behörde sei in diesem Fall lediglich für die Überwachung der Wasserqualität zuständig, wie Sprecherin Corinna Aumann erklärt. Ansprechpartner für die Wasserversorgung sei die Gemeindeverwaltung.
Dort ist das Thema nicht neu: Bereits im Jahr 2011 hatten die Oelhafs beantragt, ans Leitungsnetz der Gemeinde Berg angeschlossen zu werden. Der Gemeinderat entschied, dass ein Anschluss ans öffentliche Netz dann finanziell sinnvoll sei, wenn mindestens fünf Grundstücke in Baien angeschlossen werden. Doch bislang zeigten wohl zu wenig Anwohner Interesse. Die anderen Brunnen in dem kleinen Weiler sind wohl tiefer und liefern noch Wasser. Nun fühlt sich das Ehepaar mit seinem Problem alleingelassen. „Ich bin traurig, dass uns niemand hilft“, sagt Erika Oelhaf. Den Brunnen tiefer zu bohren, sei zu teuer, erklärt das Rentnerpaar – „Wir mussten vor ein paar Jahren für den Umbau unserer Wasserfilteranlage schon einen Kredit aufnehmen.“
Bürgermeister Helmut Grieb befürwortet einen Anschluss von Baien ans öffentliche Leitungsnetz. Allerdings müsse man die Kosten auf viele Schultern verteilen, sagt er auf SZAnfrage. In anderen Ortsteilen wie zum Beispiel Weiler habe das bereits funktioniert, da sich eine Mehrheit der Anwohner für einen Anschluss entschieden habe. „Ich werbe dafür, dass auch in Baien alle mitmachen“, so Grieb, und kündigt an, das Thema im September noch mal im Gemeinderat auf die Tagesordnung zu setzen. Außerdem werde die Gemeindeverwaltung das zehn Jahre alte Konzept nochmals überarbeiten. „Wir müssen für die Sommer der Zukunft gerüstet sein“, sagt Grieb angesichts immer extremerer Wetterkapriolen.