Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Herzliche Menschen und Skorpione
Häfler DHBW-Studentin Julia Rotenhagen geht für ein Auslandssemester nach China
FRIEDRICHSHAFEN (sz) - Julia Rotenhagen studiert Wirtschaftsingenieurwesen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW). Für ihr Auslandssemester ging sie vom Campus am Bodensee nach China. Das Land ist in der Rangliste der gesamten DHBW auf Platz drei für Auslandssemester geklettert, teilt die Hochschule mit.
Julia Rotenhagen war gut vorbereitet: „Ich hatte schon vor meinem Studium einen Chinesisch-Sprachkurs gemacht“, sagt sie. „Und als sich die Gelegenheit bot, an die Partnerhochschule der DHBW in Shanghai zu gehen, habe ich das genutzt.“Mit drei weiteren Kommilitonen suchte sie sich mitten in Shanghai eine Wohnung.
Da die Uni etwas außerhalb lag, bedeutete das zwei Stunden Fahrt für einen Weg. „Für uns relativ behütete DHBW-Studenten mit unseren festen Kursen war das schon ein Schritt ins Ungewisse. In Shanghai und auch an der Uni konnte so gut wie keiner Englisch und auch mit meinem Chinesisch kam ich am Anfang nicht groß weiter“, berichtet sie. Nach ein paar Wochen konnten sich die Studenten dann aber schon Essen bestellen und nach dem Weg fragen.
Kontakt zu chinesischen Studenten hatten die Deutschen wenig. „An der Uni hatten wir meist Kurse ohne chinesische Studenten, nur unter uns internationalen Studenten“, sagt Rotenhagen. „Wir internationalen Studis haben die Zeit viel für Reisen genutzt, um das Land kennenzulernen – von der Chinesischen Mauer über die Terrakotta-Armee bis Peking.“
Ganz andere Erfahrungen machte die Häfler Studentin beim anschließenden Praktikum in Changzhou bei der chinesischen Tochterfirma ihres Partnerunternehmens Gühring. „Gühring ist ein Werkzeughersteller aus Albstadt. Meine Aufgabe war, das Potenzial von Gühring in Bezug auf die E-Mobilität auszumachen, da passte China ganz gut. In Changzhou war ich dann wirklich in den chinesischen Alltag integriert“, erzählt sie.
Andere Länder, andere Sitten
Von den herzlichen Menschen und ihrer Hilfsbereitschaft war Rotenhagen immer wieder beeindruckt. „Im Hinterland waren wir natürlich die Attraktion“, sagt sie. „Ein tolles Erlebnis war, dass mein Chef mich zum chinesischen Neujahr in sein Dorf eingeladen hat. An viele Dinge muss man sich natürlich auch gewöhnen.“Als Beispiele führt sie die Manieren im Restaurant auf. Auch hätten die Chinesen ein ganz anderes Verständnis von der Komfortzone. „Man wird fast erdrückt“, sagt sie. „Manche Aussagen einzuschätzen war ebenfalls schwierig, denn ein ,Das geht nicht’ kennen die Chinesen eigentlich nicht. Auch beim Essen darf man nicht zimperlich sein. Es gab zum Beispiel Skorpion und Gänsefüße. Sie werden dort wie Nüsschen gegessen. An Innereien war alles dabei, und ob wir Ratte gegessen haben, wissen wir nicht so genau“, sagt sie.
Ihr Fazit: „Ich würde es auf jeden Fall wieder machen. Wer Lust auf eine Herausforderung hat, dem kann ich China empfehlen“, sagt die Studentin, auch wenn sie ab und zu Heimweh hatte. Nach Hause telefonieren sei von China aus auch nicht immer möglich. Die Sprache war für sie am Anfang mit Abstand das Schwerste. „Aber an all dem wächst man auch“, meint sie.