Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Nach Studie diskutieren Leser erneut über Tempo 30
Studenten der PH Weingarten finden heraus, dass Tempo 30 den Lärm nicht senkt – Kritiker fühlen sich bestätigt
WEINGARTEN - Eine aktuelle Untersuchung gibt der Diskussion um Tempo 30 neues Futter. Zwei Studenten der Pädagogischen Hochschule Weingarten hatten in stichprobenartigen Messungen in Ravensburg herausgefunden, dass Tempo 30 den durchschnittlichen Verkehrslärm nicht unbedingt senkt, sondern sogar erhöhen kann. Daraufhin entspann sich im Internet eine erneute Diskussion über Sinn und Unsinn der Geschwindigkeitsbegrenzung, mit dem Ziel, Verkehrslärm zu reduzieren.
Die Geografie-Studenten maßen die Lautstärke an der Gartenstraße in Ravensburg, wo ab 22 Uhr Tempo 30 gilt, sowie an der Ravensburger Straße kurz vor Weingarten, wo auch nach 22 Uhr 50 Stundenkilometer erlaubt sind (die Schwäbische Zeitung berichtete). Das Ergebnis: Zwischen den beiden Messpunkten gab es keinen nennenswerten Unterschied. Im Gegenteil: „In der 50er- Zone war es zur selben Uhrzeit und bei höherem Verkehrsaufkommen minimal leiser als in der 30er-Zone“, schreiben die Studenten in ihrer Forschungsarbeit. Als Grund vermuten sie, dass „dies an der höheren Drehzahl der vorbeifahrenden Pkw liegt und dass der Lärm deutlich länger zu hören ist, wenn die Lärmquelle (Pkw Lkw, Busse) nur 30 Stundenkilometer fährt anstatt die üblichen 50Stundenkilometer.“Das ist Wasser auf die Mühlen der Tempo-30-Gegner. Mehrere Leser auf Schwäbische.de fühlen sich in ihrer Meinung bestätigt. Sie halten Tempo 30 für Abzocke – so wie Johann K.: „Eigentlich liegt es auf der Hand – für logisch Denkende – : niedrigere Geschwindigkeit geht in der Regel einher mit erhöhter Motordrehzahl (30 im vierten Gang?). Selbst Automatikgetriebe schalten da zurück. Dazu die längere Verweildauer der Lärmemission. Beides führt zwangsläufig zu mehr Lärmbelastung.“
Manfred K. stimmt dem zu: „Mit Tempo 30 hat die Stadt Ravensburg (und andere Städte) mehr CO2-Ausstoß geschaffen als zu reduzieren und den Lärmpegel erhöht. Es hat den Anschein, dass städtische Bedienstete, Beamte und Stadtverwaltungen nur das Ziel der Erhöhung von Einnahmen zulasten der gewöhnlichen Autofahrer und Berufstätigen haben.“
Proteste und Onlinepetition
Auch auf Facebook fühlt sich die Mehrheit in ihrer Meinung bestätigt. Auf der Fanseite „Schwäbische Oberschwaben“hauen manche richtig auf die Pauke – so wie Andreas W., der 30er-Zonen für reinen Populismus und Augenwischerei hält. „Bringt nichts, ist aber billig und man kann so tun, als hätte man was für den Lärmschutz getan.“Guenther H. sieht das ganz anders: „Von wegen! Bei 30 hör ich kaum etwas“, schreibt der Nutzer in der Gruppe „Du bist ein Ravensburger weil...“. „Bei 40/50 km/h haut es mich aus dem Bett. Erst ab 80 km/h ist der Lärmschmerz erträglich, weil es nur Bruchteile des Ertragens sind.“
Nur wenige Monate ist es her, dass die Ravensburger Stadtverwaltung überlegte, eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Kilometern pro Stunde auch tagsüber auf Hauptverkehrsstraßen einzuführen. Darauf hagelte es heftige Proteste von Bürgern und Händlern.
Binnen weniger Tage unterzeichneten mehrere Hundert Menschen eine Petition gegen dieses Vorhaben. Die Stadtverwaltung ruderte daraufhin zurück und kündigte an, betroffene Straßenabschnitte mit sogenanntem lärmoptimiertem Asphalt ausstatten zu wollen.