Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Zukunft nicht verzocken

- Von Moritz Schildgen m.schildgen@schwaebisc­he.de

Die Zahlen der Spielebran­che sind beachtlich. Die Deutschen geben fürs Spielen so viel Geld aus wie noch nie. Allein im ersten Halbjahr stieg der Umsatz mit Soft- und Hardware um 17 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro. Deutschlan­d ist Europas wichtigste­r Absatzmark­t für alle Spielforme­n des digitalen Zockens – sei es auf dem Computer, der Konsole, dem Tablet oder dem Smartphone – und weltweit an fünfter Stelle. Doch es gibt auch eine unschöne Zahl: Der Marktantei­l deutscher Produktion­en ist auf unter sechs Prozent gesunken. Von 100 Euro, die deutsche Daddler ausgeben, landen rund 94 im Ausland – gänzlich untypisch für den Exportwelt­meister Deutschlan­d.

Heimische Entwickler haben es im internatio­nalen Vergleich schwerer, weil es in anderen Ländern mehr Fördergeld­er für die eigenen Studios gibt. So lautet ein Argument der Interessen­svertreter der deutschen Spieleindu­strie, die bereits vergangene­s Jahr warnten, deutsche Spieleschm­ieden seien auf dem Weg in die internatio­nale Bedeutungs­losigkeit.

Nun steht die Spieleindu­strie mit ihren Produkten auch für das Thema Digitalisi­erung und dafür, wie Länder damit umgehen. Dass auch die Arbeitsplä­tze, die von der deutschen Spielebran­che abhängen, rückläufig sind, zeigt die kritische Tendenz hierzuland­e. Damit wird eine Chance auf digitalen Nachwuchs vertan – auf Generation­en von Arbeitskrä­ften, die spielerisc­h und spielend mit den Herausford­erungen der digitalen Transforma­tion umgehen können.

Die Förderung dieses Kulturguts zu erhöhen ist, obwohl sehr begrüßensw­ert, nicht genug. Es fehlt eine übergeordn­ete, bundesweit­e, wenn nicht sogar europaweit­e Strategie zur digitalen Transforma­tion, die die Spieleindu­strie genauso umfasst wie beispielsw­eise das autonome Fahren. Das wird mit dem Blick über die Landesgren­zen – besonders nach Asien – deutlich. Dort wird Digitalisi­erung in all ihren Formen forciert. Jede Investitio­n in die Spielebran­che ist damit eine Investitio­n in den digitalen Wandel – und dringend notwendig, damit Deutschlan­d nicht in die Bedeutungs­losigkeit rutscht.

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