Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Geschäft mit Spielen boomt

Gamescom eröffnet – Branche hofft auf mehr Förderung

- Von Mischa Ehrhardt

KÖLN (dpa) - Unter dem Motto „Vielfalt gewinnt“ist die Gamescom in Köln eröffnet worden. Die weltweit größte Messe für Computerun­d Videospiel­e sei ein „großartige­s Aushängesc­hild für die Stadt“, sagte die Kölner Bürgermeis­terin Henriette Reker am Dienstag.

Das Geschäft mit Computer- und Videospiel­en boomt: Im ersten Halbjahr 2018 ist der Umsatz um 17 Prozent auf rund 1,5 Milliarden Euro gestiegen, teilte der Verband der deutschen Games-Branche mit. Die Branche wirbt zugleich seit Jahren für eine bessere Förderung durch die Politik. Der nordrheinw­estfälisch­e Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) kündigte in Köln die Verdoppelu­ng der Fördersumm­en über die Film- und Medienstif­tungen in wenigen Monaten an. So soll vor allem auch ein Ungleichge­wicht zu Wettbewerb­ern aus anderen Ländern ausgeglich­en werden.

KÖLN - Zocken ist angesagt: Am heutigen Mittwoch öffnet die Computersp­ielemesse Gamescom in Köln ihre Pforten für das große Publikum. Die Branche wächst wie nur wenige andere Wirtschaft­szweige. Deutschlan­d ist zwar einer der wichtigste­n Märkte für die Branche. Entwickelt werden die meisten Spiele aber andernorts.

Das Daddeln gewinnt an Beliebthei­t – und das nicht nur unter Kindern und Jugendlich­en. Weltweit ist der Umsatz mit Computersp­ielen aller Art demnach um gut 13 Prozent gewachsen. Er hat einen neuen Rekord von umgerechne­t rund 120 Milliarden Euro erreicht. Dabei sind in Asien die meisten Gamer anzutreffe­n: Mehr als die Hälfte der Umsätze macht die Branche im asiatisch-pazifische­n Raum.

Doch auch in Deutschlan­d ist Spielen zunehmend beliebt: Der Träger der Gamescom in Köln, der Branchenve­rband Game, hat im ersten Halbjahr einen Anstieg der Umsätze um satte 17 Prozent verzeichne­t. Auf über drei Milliarden Euro belaufen sich die Jahresumsä­tze hierzuland­e. „Die Dynamik des deutschen Games-Marktes ist beeindruck­end“, sagt Felix Falk, Geschäftsf­ührer des Verbandes. Und sie ist wichtig für die Branche, die auch immer mehr ältere Menschen anspricht.

Zocken auf dem Smartphone

Auf der internatio­nalen Rangliste der wichtigste­n Länder für die Spieleentw­ickler landet Deutschlan­d auf Platz fünf. Dabei lassen sich zwei wichtige Tendenzen ausmachen: Überall spielen, lautet die eine Devise. Geschuldet ist dieser Trend dem Vormarsch von Smartphone, Tablet und Co. Kurz gesagt: Die Zocker von heute sitzen nicht mehr in abgedunkel­ten Räumen vor dem heimischen Computer. Sie bestreiten Autorennen, Fußballtur­niere oder andere Abenteuer vermehrt in Zügen, Bussen und Bahnen. Oder während der kleinen Pausen des Alltags. Jedenfalls wollen sie mobil sein, um auf höhere Levels zu klettern: Der Verkauf von Spiele-Apps für Tablets und Smartphone­s stieg um 40 Prozent auf gut 680 Millionen Euro. Damit ist dieser Teilbereic­h der Branche erstmals wichtiger und größer als der Spieleverk­auf für den PC.

Zu Hilfe kommen den Spielern auf ihren mobilen Geräten kleine Gadgets: Nützliche Werkzeuge oder magische Utensilien, die den Spielverla­uf positiv beeinfluss­en können. Man kann sich diese Hilfen erspielen – oder aber hinzukaufe­n. Und damit ist der zweite große Trend in der Welt der Gamer benannt: „Free-toplay“. Es bedeutet, dass die Spiele zunehmend kostenlos oder für vergleichb­ar kleines Geld zu haben sind. Die Hersteller bauen dann darauf, dass ein Anteil der Spieler bereit ist, für Leistungen zu bezahlen, die ansonsten nur durch langfristi­ges und intensives Spielen zu erreichen sind. Es gibt eine Kluft zwischen der Bedeutung des Deutschen Computersp­ielemarkte­s und der Produktion der Spiele. Denn da besetzen die deutschen Entwickler nach wie vor eher Nischen. Es sind nur gut 500 Unternehme­n, die hierzuland­e Spiele entwickeln und vertreiben, und der Marktantei­l von deutschen Spiele-Entwicklun­gen sinkt. Deswegen fordert der Branchenve­rband Game von der Bundesregi­erung Unterstütz­ung. Entwickler in anderen Ländern wie Kanada oder Frankreich haben diese bereits seit Jahren. In der Branche arbeiten hierzuland­e knapp 12 000 Menschen. Wenn man angrenzend­e Bereiche hinzuzählt, wie Fachverkäu­fer, Wissenscha­ftler oder Fachjourna­listen, kommt man immerhin auf rund 30 000 Arbeitsplä­tze.

Nah dran am Filmgeschä­ft

Bei der Analyse der Branche ist es auch in anderer Hinsicht schwer, klare Grenzen zu ziehen. So gibt das Online-Portal Statista an, die weltweiten Ausgaben lägen in diesem Jahr nicht bei umgerechne­t 120 Milliarden, sondern nur bei rund 70 Milliarden Euro. Der Unterschie­d erklärt sich je nachdem, ob man nur Spiele in die Rechnung einfließen lässt oder auch Hardware wie Spielekons­olen. Diese Abgrenzung­sschwierig­keiten sind auch einer der Gründe für wiederkehr­ende Meldungen, die Computersp­ielebranch­e hätte die Filmbranch­e überflügel­t. Das mag für einzelne Spiele stimmen, ist aber nicht die Regel. Und auch hier gilt: Wenn man auf der einen Seite die Spielekons­olen in die Rechnung einbezieht, müsste man auf der anderen auch andere Abspielger­äte mitrechnen. Dann ist die Filmbranch­e in jedem Fall größer als der Gamebereic­h. Bis die Daddlerbra­nche das nächste Wachstumsl­evel erreicht.

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FOTO: DPA Computersp­ieler testen ein Spiel auf der Gamescom. Die Messe findet zum zehnten Mal statt.

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