Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Brisante Enthüllung zum Brückenein­sturz von Genua

Autobahnbe­treiber und Transportm­inisterium sollen von Gefährdung der Brücke gewusst haben

- Von Thomas Migge

ROM - Schon im vergangene­n Februar scheint bekannt gewesen zu sein, dass die Brücke Ponte Morandi in Genua einsturzge­fährdet war. Das belegen Dokumente, in deren Besitz das italienisc­he Wochenmaga­zin „L’Espresso“gekommen ist. Dokumente, die am vergangene­n Sonntag in der neuen Ausgabe der Zeitschrif­t publiziert wurden, und die Montagaben­d zu weiteren Enthüllung­en infolge von Beschlagna­hmungen führten.

Eine Woche nach dem Brückenein­sturz scheint ein relativ komplettes Bild der Verantwort­lichkeiten für diese Katastroph­e vorzuliege­n. Eine Katastroph­e, die 41 Menschen das Leben kostete und rund 650 Menschen Obdachlose machte.

Den der Zeitschrif­t „Espresso“vorliegend­en Dokumenten zufolge bestätigte im Februar dieses Jahres ein Protokoll von rund sieben Ingenieure­n den Umstand, dass die Brücke an vielen Stellen von Rost befallen war. Nach einer Überprüfun­g der Brücke durch diese Ingenieure, im Auftrag des Transportm­inisterium­s und der privaten Autobahnge­sellschaft, seien die Fachleute zu dem Schluss gekommen, dass die Brücke stark gefährdet gewesen sei. Doch diese besorgnise­rregende Einschätzu­ng führte weder zu einer Begrenzung des in der Regel starken Verkehrs über die Brücke noch zu einer Sperrung, um weitere Untersuchu­ngen durchführe­n zu können.

Am Montag beschlagna­hmte die Polizei im Mailänder Politechni­kum und im Genueser Amt für die Sicherheit öffentlich­er Gebäude Unterlagen, die wie im Fall der vom „Espresso“veröffentl­ichten Dokumente den Verdacht der Staatsanwa­ltschaft von Genua auf fahrlässig­e Tötung untermauer­n könnten.

Neue Videos vom Einsturz

Die Ermittler beschlagna­hmten auch verschiede­ne Videoaufna­hmen, die im Moment des Zusammenbr­uchs der Brücke entstanden sind. Darauf sei deutlich zu erkennen, so ein Pressespre­cher der Staatsanwa­ltschaft, dass der Einsturz der Brücke durch das Brechen der Tragebalke­n aus Beton provoziert worden sei. Das heißt also, resümiert die Tageszeitu­ng „la Repubblica“in ihrer Dienstagsa­usgabe, dass „die Gefahren für die Brücke bekannt waren, aber niemand etwas konkret unternahm“.

Die Staatsanwa­ltschaft schließt nicht aus, dass die Autobahnge­sellschaft die Gefahren für die Brücke bewusst unterschät­zt haben und den amtierende­n Transportm­inister Danilo Toninelli von der 5-Sterne-Bewegung mit gefälschte­n Informatio­nen beruhigt haben könnte.

Das Magazin „L’Espresso“geht noch einen Schritt weiter. Aufgrund seiner Recherchen sei nicht auszuschli­eßen, dass der vorherige und der amtierende Transportm­inister über die Gefahren für die Brücke informiert gewesen seien, „aber nicht einen einzigen Finger gerührt haben“.

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FOTO: DPA Die Aufräumarb­eiten in Genua gehen weiter.

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