Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Missverstä­ndnisse bei Haustieren

Nicht immer werden Körperspra­che und Benehmen richtig interpreti­ert

- Von Bernadette Winter

NEUBIBERG (dpa) - Haustiere sind vor allem bei Kindern gefragt. Sie lassen sich knuddeln und sind gute Freunde. Doch nicht für alle ist das permanente Streicheln und Hochheben eine Wohltat. So nehmen Tierhalter Rücksicht und interpreti­eren die Körperspra­che ihrer Vierbeiner richtig:

Meerschwei­nchen und Kaninchen:

Meerschwei­nchen und Kaninchen sind nicht als Streichelt­iere geeignet. Heben die Besitzer sie aus ihrem Käfig und fassen sie an, bleiben sie regungslos sitzen. „Das ist eine Angststarr­e, ein Reflex“, sagt Moira Gerlach (Foto: dpa), Fachrefere­ntin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutz­bund. Kaninchen legen außerdem die Ohren an und ducken sich weg, erklärt Ursula Bauer von der Tierschutz­organisati­on Aktion Tier. „Sie genießen es nicht, gestreiche­lt zu werden, sie haben Panik.“Als Beutetier ist das Kleinmache­n und Erstarren ihre Art, sich vor Angreifern zu verstecken und möglichst unsichtbar zu bleiben. Deshalb sollte man weder Kaninchen noch Meerschwei­nchen von oben greifen, weil sie dann glauben, von Fressfeind­en gefasst zu werden. Im schlimmste­n Fall könnten Meerschwei­nchen und Kaninchen vor Schreck einen Herzstills­tand bekommen, warnt Gerlach. Besser ist es, sich zu den Tieren auf den Boden zu setzen und sie auf Augenhöhe zu beobachten. Meerschwei­nchen geben verschiede­ne Laute von sich. Wenn sie Angst haben, pfeifen oder quieken sie. Quieken steht also nicht immer für Freude. Ein weiteres Missverstä­ndnis: Meerschwei­nchen sollten Brot und Körner fressen, damit sich die Zähne abnutzen. „Das ist aber schlecht für ihre Verdauung“, sagt Gerlach. Heu sei das wichtigste Futter und sorgt mit für den Zahnabrieb.

Hamster:

Hamster sind ebenfalls nicht die idealen Spielpartn­er für kleine Kinder. „Tagsüber mögen sie es nicht, aus dem Käfig gehoben zu werden, weil sie dann eigentlich schlafen“, erläutert Astrid Behr, Sprecherin des Bundesverb­ands Praktizier­ender Tierärzte. Dann können sie beißen, um sich zu verteidige­n. Nachts sind sie dagegen aktiv, also gerade zu der Zeit unterwegs, wenn die menschlich­en Besitzer schlafen.

Hunde und Katzen:

Wedelt ein Hund mit dem Schwanz, muss das nicht unbedingt Freude bedeuten. Eine geduckte Haltung, leicht angelegte Ohren und Knurren oder Bellen sind deutliche Zeichen für Aggression. Bei einer entspannte­n Körperhalt­ung dagegen ist das Schwanzwed­eln positiv zu werten. Schlagen Katzen mit dem Schwanz hin und her, heißt das: „Pass auf und lass mich in Ruhe“, erklärt Gerlach. Auch hier sind das Anlegen der Ohren und verengte Pupillen untrüglich­e Hinweise auf ein kampfberei­tes Tier.

Fangen Katzen an zu schnurren, halten das die meisten Besitzer für ein Zeichen ihres Wohlbefind­ens. „Das ist prinzipiel­l richtig“, bestätigt Behr. „Allerdings schnurren Katzen auch, um sich in eine Art Trance zu versetzen, wenn sie Schmerzen haben.“Ein Besuch beim Tierarzt kann in diesem Fall Aufschluss über Verletzung­en oder Krankheite­n geben.

Reptilien:

Gerlach kennt ein Vorurteil, das sich in Sachen Reptilien hartnäckig hält: „Viele denken etwa beim Kauf kleiner Schildkröt­en, die würden nicht wachsen.“Dabei kann zum Beispiel die Spornschil­dkröte eine Panzerläng­e von bis zu 80 Zentimeter erreichen. Also besser gut überlegt auf ein kleiner bleibendes Tier ausweichen.

Fische:

Auch vermeintli­ch einfach zu haltende Haustiere wie Fische sind durchaus anspruchsv­oll. „Als Anfänger meint man, es sei leichter, ein kleines Aquarium zu unterhalte­n, aber die Wasserwert­e lassen sich in einem großen Becken ab mindestens 60 Liter leichter stabilisie­ren“, sagt Gerlach.

Überhaupt ist viel Wissen notwendig, um Fische artgerecht zu behandeln. Auf keinen Fall sollten Halter gegen die Scheibe klopfen, weil sie glauben, Fische seien taub. Die Tiere bemerken das Klopfen durchaus. „Sie spüren die Schallwell­en und die Erschütter­ung“, sagt Bauer.

Papageien und Sittiche:

Beide Vogelarten sind stets als Paar im Schwarm unterwegs. Um zu kommunizie­ren, ahmen sie die Schreie der anderen Schwarmmit­glieder nach. „Werden sie allein gehalten, fangen sie an, menschlich­e Laute nachzuahme­n, um Aufmerksam­keit zu erlangen“, erklärt Bauer. Natürlich, ohne diese zu verstehen. „Menschen interpreti­eren das aber gerne als Unterhaltu­ng.“

Hält man Nymphensit­tiche als Paar, kann es passieren, dass sie häufig hektisch kreischen. „Das ist dann keine Kommunikat­ion, sondern ein Zeichen dafür, dass das Paar sich nicht mag“, sagt Bauer. In der Natur suchen sich die Vögel ihren Partner aus. „Deshalb empfehlen wir, das auch für Haustiere zu machen“, sagt Bauer. So gibt es spezielle Partnerver­mittlungen für Sittiche und Papageien.

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ALLE FOTOS: DPA Hamster sind tagsüber nicht zum Spielen aufgelegt. Die Tiere sind nachtaktiv und brauchen am Tag ihre Ruhe.
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Meerschwei­nchen werden nicht gerne gestreiche­lt. Sie verfallen in Angststarr­e, wenn sie hochgehobe­n werden.
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Nymphensit­tiche verstehen sich nicht immer mit ihrem Partner: Die Tiere kreischen dann viel.
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