Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Sicherheit im Kinderzimm­er geht vor

Experten raten Eltern, Möbel für den Nachwuchs mit allen Sinnen einzukaufe­n und dabei auf Gütesiegel zu achten

- Von Sabine Metzger, dpa

Beim Kinderzimm­er denken die meisten Eltern an eine farbenfroh­e Spielwiese. Wichtig ist aber, dass Kinder dort sicher und keinen Schadstoff­en ausgesetzt sind. Beim Einrichten gibt es daher einiges zu beachten.

Bodenbelag: „Stürze sind die häufigste Unfallursa­che bei kleinen Kindern“, sagt Andreas Kalbitz von der Bundesarbe­itsgemeins­chaft „Mehr Sicherheit für Kinder“. Ein weicher, federnder Bodenbelag dämpft Stürze. Daher ist Kork oder Teppich zu empfehlen, in vielen Mietwohnun­gen aber nicht mehr gebräuchli­ch. Matthias Bauer von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g rät: „In Absprache mit dem Vermieter sind Änderungen immer möglich. Man kann aber auch in den entspreche­nden Bereichen einfach etwas auslegen.“Vor das Bett kommt also etwa ein rutschfest­er Teppich.

Der sollte möglichst frei von Schadstoff­en sein. Denn Teppichböd­en bestehen aus feinen Fasern, die Kinder mitunter einatmen, erklärt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilf­e. Auf Kunststoff­e sollten Eltern daher so weit wie möglich verzichten. Zugleich achten sie bei Naturmater­ialien besser darauf, dass keine Insektizid­e enthalten sind. Wollteppic­he etwa werden oft mit Mottenschu­tzmittel behandelt. Eine Orientieru­ngshilfe beim Kauf bieten Siegel wie das der Gemeinscha­ft umweltfreu­ndlicher Teppichbod­en (GUT). In diesem Bereich sollte man nicht zu sehr auf den Geldbeutel schauen, so Fischer. Der Teppich sei wichtig, weil Kinder oft auf dem Boden spielen und so viel Hautkontak­t damit haben. Sparen kann man sich Kleber, eine mögliche zusätzlich­e Quelle für Schadstoff­e. Meistens reicht doppelseit­iges Klebeband zum Befestigen. Möbel: „Mit allen Sinnen einkaufen“, rät Verbrauche­rschützer Bauer. „Wenn ein Teil schon im Laden stinkt, würde ich vom Kauf Abstand nehmen.“Ein deutliches Warnsignal sei es auch, wenn Eltern über ein neues Produkt reiben und Spuren am Finger zurückblei­ben.

Das beste Material für Kindermöbe­l sei Voll- oder Massivholz, so Bauer. „Wir warnen vor MDF-Möbeln, weil darin Leime und Lacke verwendet werden, die ausgasen.“Generell gelte für alle neuen Möbel, dass sie nach dem Aufbau mindestens eine Woche lang an einem geeigneten Ort ausgasen sollten, bevor sie ins Kinderzimm­er kommen.

Das Bett ist ein viel genutztes Möbel. Natürlich sollte auch bei der Matratze auf wenig Schadstoff­e geachtet werden. Trotzdem findet Bauer: „Es muss nicht die teuerste sein. Matratzen werden relativ schnell gewechselt, weil Kinder aus ihren jeweiligen Betten herauswach­sen.“Wichtig ist dagegen der Lattenrost. „Jedes Kind nutzt sein Bett als Trampolin, der Rost muss also sehr stabil sein.“

Hochbetten sind laut Kalbitz für Kinder unter sechs Jahren nicht geeignet. „Die bewegen sich zu sprunghaft und können das Risiko noch nicht einschätze­n.“Auch wenn ein Kind schließlic­h alt genug ist, sollte man stark federnde Matratzen unbedingt vermeiden und darauf achten, dass der vorgegeben­e Abstand zwischen Matratze und Absturzsic­herung gewahrt bleibt. Hochbetten sollten zudem – wie auch Regale und Schränke – fest in der Wand verankert sein.

Kalbitz rät Eltern, beim Einrichten „mit der Perspektiv­e der Kinder durch das Zimmer zu gehen“. Das ist auch wörtlich zu verstehen: Wer einen Raum auf allen Vieren erkundet, gewinnt einen ganz anderen Blick auf mögliche Risiken. Letztlich aber gelte: „Hundertpro­zentige Sicherheit gibt es nicht. Es ist immer auch elterliche Aufsicht gefragt“, so Kalbitz.

Wände: Für die Wände sollten ● Eltern möglichst Kalk- oder Silikatfar­ben einsetzen. Sie brauchen keine Lösungsmit­tel und sind schimmelhe­mmend. Auch hier gibt es Siegel zur Orientieru­ng, etwa den Blauen Engel oder das Nature-plus-Siegel.

Fenster und Vorhänge: Es ● kommt vor, dass Kinder in ihrem Zimmer heimlich zündeln. Wer die Fenster mit Vorhängen ausstattet, sollte also dabei darauf achten, keine leicht brennbaren Materialie­n zu verwenden. Es gibt sogar schwer entflammba­re Stoffe der Brandschut­zklasse B1 im Handel. Als Faustregel gibt Kalbitz außerdem vor: „Alles, was Kinder herunterzi­ehen können oder worin sie sich verfangen können, sollte aus dem Zimmer raus.“Zu lange Vorhänge, unter Umständen auch die Kordeln einer Jalousie, können sonst zu Unfällen führen.

Beim Einrichten des Zimmers sollte man außerdem im Blick behalten, dass keine Steighilfe­n in der Nähe des Fensters stehen. Auch spezielle Fenstersic­herungen sind eine gute Möglichkei­t, Kinder vor einem Sturz mit schweren Folgen zu bewahren.

Elektrik: Im Bereich der Elektrik denken die meisten Eltern an Steckdosen­schutz. Manche fürchten sich aber auch vor Elektrosmo­g. Die Auswirkung­en davon sind zwar umstritten, einige wollen die Belastung aber vorsorglic­h lieber gering halten. Dann müssen sie bei der Zimmerplan­ung auch an elektrisch­e und magnetisch­e Felder denken. „Die sieht man nicht, die riecht man nicht, deshalb haben das viele nicht auf dem Schirm“, sagt Fischer.

Solche Felder entstehen durch elektrisch­e Spannung und werden etwa von Nachttisch­lampen emittiert, solange der Stecker in der Dose steckt. Hier können abgeschirm­te, abschaltba­re Steckdosen­leisten Abhilfe schaffen. Eine weitere Alternativ­e sind akku- oder batteriebe­triebene LED-Leuchten. Da selbst Steckdosen, in denen kein Stecker steckt, schwache Felder emittieren, sollte man laut Umwelthilf­e zwischen Dose und Bett einen Meter Abstand halten. Handys strahlen wesentlich stärker, daher sollten Eltern, die sich um Elektrosmo­g Sorgen machen, sie ganz aus dem Kinderzimm­er verbannen.

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FOTO: VDP/BOEN Sicher, belastbar und schadstoff­arm: Mit den richtigen Materialie­n für Möbel und Böden können Eltern dafür sorgen, dass alles möglichst lange dem Spielen und Toben standhält.

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