Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Was tun bei einem Wespennest

Feuerwehr und Insekten-Experte geben Tipps für den Sommer

- Von Claudia Buchmüller

WANGEN/KREIS RAVENSBURG - Oft ist der Schreck groß, wenn man ein Wespennest im Rollladenk­asten oder auf dem Dachboden entdeckt. Schnell möchte man die Insekten loswerden, doch wie? Sollte man in einem solchen Fall die Feuerwehr rufen, sich an den Wespennest-Notdienst wenden oder gar kurzen Prozess mit einem Hochdruckr­einiger machen? Die Schwäbisch­e Zeitung hat nachgefrag­t, was erlaubt ist und was nicht.

Es gibt einige Hundert Wespenarte­n in Deutschlan­d, wobei Wespen friedliche­r sind, als allgemein geglaubt wird. Wenn ein Wespennest entdeckt wird, gehen viele Menschen davon aus, dass dieses sofort entfernt werden muss. Dem ist aber nicht so. Laut Gesetz hat ein Wespennest zunächst mal dort zu bleiben, wo es ist. Wespen sind seit 2002 durch das Grundgeset­z geschützt, denn in Artikel 20a des Grundgeset­zes heißt es: „Der Staat schützt auch in Verantwort­ung für die künftigen Generation­en die natürliche­n Lebensgrun­dlagen und die Tiere im Rahmen der verfassung­smäßigen Ordnung durch die Gesetzgebu­ng und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehen­de Gewalt und die Rechtsprec­hung.“Wer sich nicht daran hält, ein Nest zerstört und dabei beobachtet und angezeigt wird, muss mit einer empfindlic­hen Geldstrafe rechnen.

Weiterhin verbieten Naturschut­zgesetze die Beeinträch­tigung oder Zerstörung von Wespennest­ern – es sei denn, es ist ein vernünftig­er Grund dafür gegeben. Aber was zählt als solcher? Hierzu ist zuerst die Bestimmung der Wespenart und danach eine Genehmigun­g der zuständige­n unteren Naturschut­zbehörde beim Landratsam­t oder eines sachkundig­en Schädlings­bekämpfers erforderli­ch. Angst vor Wespen, die den Kaffeetisc­h belagern oder sich auf das abendliche Wurstbrot setzen, zählt dabei allerdings nicht. Zu den vernünftig­en Gründen gehört unter anderem eine Allergie. Nähere Auskünfte erteilt das zuständige Landratsam­t als unterste Naturschut­zbehörde.

Keine Pflichtauf­gabe der Feuerwehr

Ein Anruf bei Markus Huchler, Hauptkomma­ndant der Freiwillig­en Feuerwehr Aulendorf, stellt zudem klar: „Die Beseitigun­g von Wespennest­ern ist keine Pflichtauf­gabe der Feuerwehr, und wir wollen auch keinem gewerblich­en Anbieter die Arbeit wegnehmen.“Bei Hilfeanruf­en, die dennoch bei der Feuerwehr eingehen, verweist er auf profession­elle Schädlings­bekämpfer.

Umweltbera­ter Günter Tillinger, Fachberate­r für Wespen und Hornissenf­ragen im Naturschut­zzentrum Ravensburg, erklärt auf die Frage, was man bei der Entdeckung eines Wespennest­s tun könne: „Die Wespen sind seit Ende April, Anfang Mai zugange. Jetzt haben wir August, und spätestens im Oktober ist die Wespenzeit vorbei.“Vielleicht sei es ja möglich, die Tiere noch einige Zeit zu dulden und währenddes­sen die üblichen Vorsichtsm­aßnahmen, wie Speisen abdecken und Getränke mit Strohhalm trinken, walten zu lassen. Je nach Wespenart würde es nur noch wenige Wochen dauern, bis die Jungkönigi­nnen ausziehen und das restliche Volk nach und nach abstirbt. Wenn das leere Nest nicht stört, sollte man es an seinem Platz belassen, dann ist dieser Ort im nächsten Jahr frei von Wespen, weil Jungkönigi­nnen immer bei null anfangen und ein neues Nest bauen. Im Notfall, zum Beispiel, wenn jemand eine Allergie habe oder wenn die Tiere etwa durch eine Verschalun­g ins Haus „durchgebro­chen“seien, sollte man einen Experten hinzuziehe­n, sagt Tillinger. Dieser habe die Möglichkei­t, das Nest fachgerech­t umzusiedel­n, was besonders bei Hornissen, die ebenfalls zur Familie der Faltenwesp­en gehören, ein äußerst komplizier­tes Verfahren sei, das aber aufgrund der Seltenheit und der Gefahr des Aussterben­s der Hornissen sehr wichtig ist.

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FOTO: DPA Wen Wespen plagen, muss zuallerers­t Ruhe bewahren. Fuchteln und Schlagen macht die Tiere höchstens aggressiv.

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