Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ärgern, aufstehen, neu angreifen

Kugelstoße­r Niko Kappel muss bei der Para-EM eine schwere Enttäuschu­ng verkraften

-

BERLIN (SID) - Auf seine Freunde war Verlass. Niko Kappel wusste das zu schätzen. Sein „sehr enger Kreis“hatte den Kugelstoße­r bei jedem seiner sechs Versuche bei der Para-Leichtathl­etik-EM in Berlin von den Rängen lautstark unterstütz­t. Und als das nichts genutzt hatte, baute er den enttäuscht­en Paralympic­s-Star bei einem gemeinsame­n Abendessen wieder auf.

„Das Umfeld ist mir wahnsinnig wichtig. Ich kenne viele von ihnen sehr gut. Ich bin ihnen sehr dankbar, das gibt mir ein bisschen Kraft und Mut“, sagte Kappel.

Eigentlich hatte der 23-Jährige am Montagaben­d auf eine kleine Feier im Kreis seiner Liebsten gehofft. Wirklich in Stimmung dafür war Kappel nach seinem Wettkampf nicht mehr. Sein bester Stoß auf 12,60 Meter entsprach nicht dem Selbstvers­tändnis des Weltmeiste­rs, der erst im Juni den Weltrekord auf 14,02 Meter verbessert hatte.

Silber war auch nicht die Medaille, die er sich bei der Heim-EM ausgerechn­et hatte. Und dass der polnische Rivale Bartosz Tyszkowski auch noch seine Bestmarke auf 14,04 Meter steigerte, tat sein Übriges. „Es war eine Niederlage, man kann es nicht anders sagen“, sagte Kappel.

Gedanklich spielte der Athlet aus Sindelfing­en seinen Wettkampf immer wieder durch. Die Gründe für den geplatzten Goldtraum suchte er bei sich. Er habe das linke Bein in der Drehung zu schnell weggezogen, die Ausstoßhöh­e habe gefehlt. Seine Versuche, so das Fazit, waren technisch unsauber. „Es war nicht mein Tag. Es ärgert mich wahnsinnig, denn das war nicht das, was ich dieses Jahr eigentlich kann“, sagte Kappel, der sich auch aufgrund „guter Trainingsl­eistungen“viel mehr erwartet hatte.

Kappels Frust war entspreche­nd groß. Gänzlich vereinnahm­en lassen wollte er sich davon aber nicht. Zwei oder drei Nächte werde er darüber schlafen müssen, doch dann „werde ich wieder aufstehen und neu angreifen. Es gibt viel Potenzial, das weiß ich.“

Kappel ist trotz seiner Erfolge noch immer ein junger Athlet. Seine Entwicklun­g muss längst nicht abgeschlos­sen sein. Zeit zur Entwicklun­g hat Kappel nun genug. Der nächste Höhepunkt steht erst bei der WM in Dubai im November 2019 auf dem Programm. Ein Jahr später will er bei den Paralympic­s in Tokio glänzen.

Eine besondere Motivation hat Kappel nun: „Bartosz hat zwei Zentimeter weiter gestoßen. Den Weltrekord will ich zurückhabe­n.“

 ?? FOTO: DPA ?? Niko Kappel
FOTO: DPA Niko Kappel

Newspapers in German

Newspapers from Germany