Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Trump gerät in Erklärungsnot
Ex-Wahlkampfhelfer verurteilt, Ex-Anwalt packt aus – Präsident spricht von Lügen
WASHINGTON - Ein Schuldspruch für Donald Trumps früheren Wahlkampfmanager Paul Manafort und ein Geständnis seines früheren Anwalts Michael Cohen haben US-Präsident Donald Trump in Erklärungsnot gebracht. Cohen brachte Trump an den Rand eines Straftatverdachts und somit erstmals in ernste juristische Bedrängnis. Dem Geständnis des Ex-Anwalts zufolge soll Trump an Schweigegeldzahlungen an Frauen beteiligt gewesen sein. Das Geld soll gezahlt worden sein, um Schaden vom Wahlkampf des damaligen Präsidentschaftskandidaten abzuhalten.
Trump bezichtigt Cohen der Falschaussage vor Gericht. Cohen habe „Geschichten erfunden“, um mit der Staatsanwaltschaft eine strafmindernde Vereinbarung in seinem Verfahren um Finanzbetrug auszuhandeln, schrieb Trump. Von den Zahlungen an die Frauen habe er erst „im Nachhinein“erfahren, erklärte Trump zudem dem Senders Fox News. Vor einem Bundesrichter in Manhattan hatte Cohen eingeräumt, zwei Frauen mit jeweils sechsstelligen Summen abgefunden zu haben, um kurz vor der Wahl 2016 ihr Schweigen zu erkaufen. Die eine, Stephanie Clifford alias Stormy Daniels, Darstellerin in Pornofilmen, war drauf und dran, über eine Sexaffäre mit Trump zu plaudern. Was dessen rechte Hand, elf Tage vor dem Votum, durch die Zahlung von 130 000 Dollar zu verhindern wusste. Der anderen, dem Playboy-Model Karen McDougal, bot das Boulevardblatt „National Enquirer“an, ihre Geschichte zu kaufen. McDougal kassierte dafür 150 000 Dollar, während der Verleger der Zeitung, ein TrumpFreund namens David Pecker, dafür sorgte, dass die Geschichte nie gedruckt wurde. Später war es Cohen, der Pecker das Geld erstattete.
Ziel Wahlbeeinflussung
Er habe „auf Anweisung eines Kandidaten für ein Bundesamt“gehandelt“, erklärte Cohen vor Gericht, nachdem er die Hand zum Eid erhoben hatte. Er habe es getan, um die Wahl zu beeinflussen. Falls es noch Zweifel gegeben haben sollte, welchen Kandidaten er meinte, so räumte sein Anwalt Lanny Davis sie aus. Sein Mandant, so Davis, habe eingeräumt, eine Straftat begangen zu haben, um Einfluss auf eine Wahl zu nehmen. „Wenn diese Zahlungen ein Verbrechen für Michael Cohen waren, wieso sind sie dann kein Verbrechen für Donald Trump?“
Welche Strafe Cohen erwartet, wird sich Mitte Dezember entscheiden. Die zuständige Staatsanwaltschaft beantragt zwischen 46 und 63 Monaten Gefängnis. Für den Präsidenten ist es eine gefährliche Rutschbahn, denn Cohen könnte sich nunmehr entschließen, auch mit Robert Mueller, dem Sonderermittler der Russlandaffäre, zu kooperieren. Sein Mandant sei bereit, alles offenzulegen, was er über Trump wisse, sagte Davis im Fernsehsender MSNBC. Er wisse zum Beispiel, ob Trump vorab im Bilde gewesen sei, als ComputerHacker die Parteizentrale der Demokraten attackierten, um Hillary Clinton zu schaden.
Das womöglich folgenschwere Schuldbekenntnis Cohens lässt fast schon zur Fußnote werden, was eine Jury zur gleichen Zeit im Falle Paul Manaforts entschied. Am Ende einer Verhandlung, bei der es im Kern um Steuerhinterziehung in Millionenhöhe ging, befand es Trumps ehemaligen Wahlkampfstrategen in acht von 18 Anklagepunkten für schuldig. Im Frühjahr 2016 angeheuert, hatte der Berater dafür zu sorgen, dass sich der Wahlparteitag der Republikaner im Sommer nicht zu einer Rebellion gegen einen Kandidaten auswuchs, dessen Durchmarsch das konservative Establishment monatelang zu verhindern versuchte. Der Prozess erhellt schlaglichtartig, was für Charaktere der New Yorker Bauunternehmer um sich sammelte, als er sich ums Oval Office bewarb. Mit seiner Beratertätigkeit für Wiktor Janukowitsch, den pro-russischen Präsidenten der Ukraine, hatte Manafort enorme Summen verdient, nach Angaben der Ermittler 60 Millionen Dollar. Um seine Einnahmen zu verschleiern, bunkerte er das Geld auf Offshore-Konten auf Zypern und in der Karibik, von wo er ab und an Tranchen in die USA überwies.