Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wenn die Religion missbraucht wird
WEINGARTEN (wel) - Der in Weingarten aufgewachsene Johannes Krug studiert an der Filmakademie Baden-Württemberg. In den Semesterferien möchte er sein nichtkommerzielles Filmprojekt in Ghana realisieren, wo er einst seinen Freiwilligendienst geleistet hat. Eine Crowdfunding-Kampagne soll die finanziellen Mittel für die Mini-Serie Divine 419 liefern. Dabei geht es um Jugendliche in Ghana, ihr Streben nach Erfolg und den Missbrauch von Religion im Alltag.
Der 24-jährige angehende Regisseur ist in Weingarten geboren und groß geworden. Mit kleinen Basketball-Videos habe einst alles angefangen, sagt er. Aufgenommen mit der Kompaktkamera der Eltern. Beim Schneiden der Streifen über seine Lieblingssportart ist dann bei Krug der Wunsch erwacht, in die Filmbranche zu gehen. Nach dem Abitur machte er erst seinen Bachelor an der Hochschule für Medien in Stuttgart und studiert jetzt Regie an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. 2012 brachte ihn ein Freiwilligenjahr erstmals nach Ghana, wo er als Lehrer tätig war und als Projektleiter für den Bau eines Basketballplatzes und wo er seine spätere Frau kennenlernte.
Was ihn an dem westafrikanischen Land, zumal in Städten, faszinierte, war die „Omnipräsenz“von Straßenhändlern und von Religion, sprich Predigern und christlichen Bekehrern. Diesen Stoff hat er in seiner Geschichte mit dem Titel Divine 419 verarbeitet. Es soll eine Miniserie von vier Folgen à 30 Minuten werden. Divine 419 steht für das Göttliche beziehungsweise den Missbrauch von Religion. Denn die Zahl 419 ist in Ghana und Nigeria der Paragraph für Betrug. In der fiktiven Geschichte mit viel Realitätsbezug, so Krug, geht es um zwei Jugendliche, die trotz ärmlicher Verhältnisse große Pläne für ihre Zukunft haben. Als den Straßenhändlern eines Nachts alle Waren geklaut werden, entschließen sich die beiden, als Schwindler ihr Ding zu machen und künftig immaterielle Werte zu verkaufen. Als Prediger und Behinderter nutzen sie dabei die Gutgläubigkeit der Leute aus. Trotz humoristischer Erzählweise will der Film, laut Krug, mehr als unterhalten und gesellschaftliche Missstände weit über Ghana hinaus aufzeigen. „Das Thema ist in vielen Ländern präsent.“
Auch wenn alle Beteiligten ohne Bezahlung arbeiten, kosten Filme Geld: ob Equipment, Requisite, Kostüme, Locations, Verpflegung, Cast, Crew. Krug hat Erfahrung. Es ist nicht sein erstes Filmprojekt, das er über Crowdfunding finanzieren möchte. Dabei wirft der Kameramann und Fotograf seine Liebe zu Ghana und zum Filmemachen in die Waagschale. Bei Ankunft in Accra wird er wieder als Freiwilliger bei einem internationalen Filmfestival arbeiten, was ihn mit vielen Leuten der Branche in Kontakt bringt. Schauspieler und Crew müssen ja erst einmal zusammengestellt werden.
Dann beginnen die Dreharbeiten, bei denen Krug vieles dokumentarisch angehen möchte. Seine Unterstützer können auch kreativer Teil des Projektes werden und noch Einfluss nehmen auf die Miniserie, deren Pilotfolge „Hawkers Hustle“heißt. Der Film, wenn er dann fertig ist, soll in Ghana und anderen afrikanischen Ländern verbreitet werden. Krug will den Streifen über Betrüger im Namen der Religion aber auch bei Filmfestivals einreichen.