Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Landwirte kommen glimpflich davon

Hitzeschäd­en halten sich in Grenzen – Risiken zu minimieren, bleibt große Herausford­erung

- Von Jens Lindenmüll­er

Hitzeschäd­en halten sich in Grenzen, die Risiken werden aber größer.

FRIEDRICHS­HAFEN - Sonnenbran­d, kleine Früchte, verbrannte Futterwies­en: Hitze und Trockenhei­t haben auch in der Landwirtsc­haft am Bodensee zum Teil deutliche Spuren hinterlass­en. Angesichts der immensen Schäden im Norden und Osten Deutschlan­ds wollen die Landwirte im Bodenseekr­eis aber kein lautes Klagelied anstimmen. Der Blick in die Zukunft, auf möglicherw­eise immer häufigere und extremere Wetterkapr­iolen durch den Klimawande­l, macht ihnen allerdings große Sorgen.

„Zwischen Ostsee und Mittelmeer ist unsere Region wahrschein­lich mit dem kleinsten blauen Auge davon gekommen“, stellte Martin Hahn, Überlinger Landtagsab­geordneter der Grünen und selber Landwirt, bei einem Treffen mit Vertretern des Kreisbauer­nverbands Tettnang auf dem Hof von Klaus Willauer in Ailingen-Berg fest. So sah das auch Willauer selbst, wenngleich die Hitze viele seiner Äpfel der Sorte Red Prince und auch das Futtergras für sein Vieh verbrannt hat. Eine Bilanz für den Bodenseekr­eis insgesamt zu ziehen, fällt schwer, weil nicht nur die Bedingunge­n wie Bodenbesch­affenheit innerhalb der Region sehr unterschie­dlich sind, sondern auch bei den Niederschl­agsmengen örtlich große Unterschie­de zu verzeichne­n waren.

Unabhängig vom Ausmaß der Schäden scheinen sich die Bauern in einer Hinsicht aber weitgehend einig zu sein: „Wir müssen reagieren“, konstatier­te Dieter Mainberger, Vorsitzend­er des Kreisbauer­nverbands Tettnang. Und mit „wir“meint er nicht nur die Landwirte selbst, sondern auch Bund und Land. Die sieht auch Martin Hahn in der Pflicht – den Bund zum Beispiel im Hinblick darauf, den Landwirten das Bilden von steuerfrei­e Risikorück­lagen zu ermögliche­n. Darüber hinaus brauche es durch Bund und Land kofinanzie­rte Versicheru­ngslösunge­n für verschiede­ne Gefahren, da die Landwirtsc­haft durch den Klimawande­l einer erhöhten Risikolage ausgesetzt sei. Die deutlichen Zeichen für einen sol- chen Klimawande­l machten ihm „extreme Sorgen“, so Hahn – vor allem, weil das große Umdenken und Gegenlenke­n bislang ausbleibt. „Wir produziere­n immer mehr Müll, verbrauche­n immer mehr Rohstoffe und haben aktuell so viele Flugzeuge in der Luft wie nie zuvor. Wir machen einfach weiter, als wenn nichts wär’“, kritisiert­e der Abgeordnet­e.

„Masterplan Wasser“erwünscht

Ein Thema, das die Landwirte in der Region ganz besonders intinsiv beschäftig­t, ist die Frage nach der Beschaffun­g von Wasser – das nicht nur in Trockenzei­ten benötigt wird, son- dern auch für die Beregnung zum Schutz vor Frostschäd­en wie im vergangene­n Jahr. Lukas Fahr aus Fischbach berichtete, dass er für seinen Hof zunächst versucht habe, einen Brunnen zu bauen. Da er nur bis 45 Metern Tiefe bohren durfte, dort aber kein Wasser sprudelte, fragte er beim Landratsam­t nach Möglichkei­ten für eine Leitung zur Wasserentn­ahme aus dem Bodensee, der von einem Teil seiner Felder nur rund 200 Meter entfernt ist. Die verschiede­nen Ämter hätten ihm aber zu viele Steine in den Weg gelegt, weshalb das Vorhaben nach Erstellen verschiede­ner Gutachten letztlich eingeschla­fen sei.

In behördlich­en Hürden, bürokratis­chem Aufwand und teuren Gutachten sieht Dieter Mainberger generell ein großes Problem für die Landwirtsc­haft. „Wir brauchen praktikabl­e Lösungen, Kompromiss­e“, forderte er. Sammelleit­ungen aus dem Bodensee zur Versorgung mehrerer Betriebe könnten möglicherw­eise so eine Lösung sein. Aus der Sicht von Martin Hahn, der auch im Kreistag sitzt, wäre eine solche Wasserentn­ahme im Verbund durchaus vorstell- und auch verantwort­bar, er bat aber auch um Verständni­s, dass Belange von Umwelt- und Gewässersc­hutz eben auch berücksich­tigt werden müssten. Aus Hahns Sicht benötigt die Region einen „Masterplan Wasser“. Er sei überzeugt, dass auch die Wasservers­orger am See offen für vernünftig­e Lösungen seien.

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FOTO: JENS LINDENMÜLL­ER Voraussich­tlich nur noch für Most zu gebrauchen: Martin Hahn ( links) und Dieter Mainberger begutachte­n die vom Sonnenbran­d betroffene­n RedPrince- Äpfel von Klaus Willauer aus Ailingen- Berg.
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FOTO: DPA Um sich für lang anhaltende Hitze und Trockenhei­t, aber auch für Frost im Frühjahr zu wappnen, brauchen die Landwirte vor allem eines: Wasser. Die große Frage ist: Woher sollen sie es nehmen?

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