Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Senile Bettflucht
Es gibt gute Gründe, im Hier und Jetzt zu leben, auch wenn es nicht immer die reine Freude ist. Sich in der Vergangenheit zu verlieren, ist fatal, denn sie kehrt nicht mehr wieder. Von einem Blick in die Zukunft können wir auch nur dringend abraten. Vor allem zwei bevorstehende Ereignisse sind geeignet, tiefste Depressionen auszulösen: die Fußball-WM in Katar – und der Abschied von Donald Trump nach seiner zweiten Amtsperiode.
Worüber, um Himmels Willen, sollen wir schreiben, wenn dieser Gigant der Unterhaltungsindustrie sich aufs Altenteil zurückzieht. Nie wieder wird uns ein US-Präsident soviel Munition liefern, um unsere Pointen abzufeuern. Kürzlich hat sich The Donald wieder mal als seniler Bettflüchtiger zu erkennen gegeben: Um 5.24 Uhr in der Früh beschenkte er die Welt mit einem Morgengezwitscher, dem anzuhören war, dass da ein wacher Geist grundlegende Erkenntnisse gewonnen hat. Und zwar beim Googeln seines eigenen Namens, der Lieblingsbeschäftigung der Narzissten. Es war eine niederschmetternde Erfahrung: „Sie haben es manipuliert, so dass fast alle Ge- schichten und Nachrichten schlecht sind“, twitterte The Donald enttäuscht. „Google und andere unterdrücken Stimmen von Konservativen und verstecken Informationen und Nachrichten, die gut sind.“
Da hat er Recht, das ist uns auch schon aufgefallen. Wenn der Bäcker wieder mal geöffnet hat und seine leckeren Brötchen verkauft: kein Wort. Aber wenn The Donald ein, zwei Prostituierte mit Schweigegeld ruhigstellt, wird natürlich gleich ein Riesenbohei darum gemacht.