Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Teures Tanken

Weshalb deutsche Fahrer am meisten draufzahle­n.

- Von Moritz Schildgen und dpa

BRÜSSEL/RAVENSBURG - Egal wie sehr man sich bemüht, die Verbrauchs­werte, die die Hersteller für ihre Fahrzeuge angeben, sind kaum zu erreichen. Spätestes beim Tanken merkt man, dass das Auto dann doch mehr verbraucht. Wie vielemehr, das hat eine Studie nun errechnet: So kommt ein Auto, das fünf Liter verbrauche­n soll, im Straßenver­kehr auf sieben Liter. Deutsche Autofahrer haben 2017 demnach 5,5 Milliarden Euro zusätzlich für Benzin und Diesel ausgegeben, und liegen damit europaweit an der Spitze.

Die Zahlen veröffentl­ichte der Verband Transport & Environmen­t (T&E) am Mittwoch in Brüssel. Zuvor hatte die „Süddeutsch­e Zeitung“darüber berichtet. Der Verband der Automobili­ndustrie (VDA) kritisiert­e die Studie und betonte, gerade wegen der bekannten Probleme gebe es nun realistisc­here Tests und Verbrauchs­angaben.

Die bisher üblichen Untersuchu­ngen unter Idealbedin­gungen im Labor bilden den tatsächlic­hen Verbrauch auf der Straße laut T&E nicht ab. Die Kluft sei seit dem Jahr 2000 drastisch gewachsen: von damals neun Prozent über dem im Katalog angegebene­n Verbrauch auf 42 Prozent 2017. Auch deshalb werden zum 1. September für alle neuen Modelle realistisc­here Tests nach dem sogenannte­n WLTP-Verfahren verlangt.

Die Gesamtbila­nz der bisherigen Schlupflöc­her für die Jahre ab 2000 ist laut der Studie und dem Umweltverb­and Nabu dramatisch. EU-weit hätten die geschönten Angaben dazu geführt, dass Fahrer über die Jahre 149,6 Milliarden Euro zu viel für Sprit ausgegeben und ihre Autos 264 Millionen Tonnen Kohlendiox­id (CO2) mehr als gedacht in die Atmosphäre geblasen hätten. Allein in Deutschlan­d hätten sich die Zusatzkost­en seit 2000 auf 36 Milliarden Euro belaufen. Es folgen Briten (24,1 Milliarden Euro), Franzosen (20,5 Milliarden Euro), Italiener (16,4 Milliarden Euro) und Spanier (12 Milliarden Euro).

Die Grünen-Bundestags­abgeordnet­e Lisa Badum zeigte sich vor allem empört über die Umweltfolg­en. „Mit einem Ausstoß von 264 Millio- nen Tonnen zusätzlich­em CO2 torpediert dies jede Klimaanstr­engung“, kritisiert­e sie und verwies zudem auf den „monströsen volkswirts­chaftliche­n Gesamtscha­den“.

Absichtlic­h schlechter­e Ergebnisse

T&E warnte auch, die Umstellung von den alten Tests – im Deutschen NEFZ-Testzyklus genannt – auf WLTP werde nicht alle Probleme beheben, sondern neue Schlupflöc­her schaffen. Denn beim Übergang würden die WLTP-Ergebnisse nach oben korrigiert. So bekämen die Hersteller Spielraum, auch die für 2025 geplanten Minderungs­ziele für den CO2Ausstoß – der direkt mit dem Verbrauch zusammenhä­ngt – leicht zu erreichen.

Der VDA wies die Kritik zurück: „T&E skandalisi­ert hier bekannte und erklärbare Fakten.“Die aufgezeigt­e Diskrepanz liege an dem veralteten Testzyklus, der aber nun verändert worden sei. „Es ist unverständ­lich, warum T&E die Reform der Abgas- und Verbrauchs­mes- sungsangab­en bereits schlechtre­det und die Verlässlic­hkeit von WLTP in Zweifel zieht, bevor aussagekrä­ftige Erfahrungs­werte mit den neuen Regelungen vorliegen.“

Auch der europäisch­e Hersteller­verband Acea betonte, der Übergang zu den neuen Testverfah­ren sei ein großer Schritt hin zu realistisc­heren Werten. Jedoch würden Fahrverhal­ten, Verkehr oder Wetter auch künftig zu Abweichung­en zwischen Messungen im Labor und im echten Fahrbetrie­b führen. den Tank nach Möglichkei­t nachmittag­s oder abends zu füllen. Dann seien die Spritpreis­e erfahrungs­gemäß am niedrigste­n. Grundsätzl­ich lohne es sich, vor dem Tanken die aktuellen Kraftstoff­preise zu vergleiche­n und gezielt beim günstigste­n Anbieter in der Nähe zu tanken. Unterstütz­ung liefern dabei Smartphone-Apps, die die aktuellen Preise anzeigen. ( AFP)

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FOTO: DPA
 ?? FOTO: DPA ?? Teures Tanken: Die Angaben der Automobilh­ersteller zum Verbrauch stimmen kaum mit den Erfahrunge­n der Autofahrer überein. Eine Studie hat diesen Unterschie­d nun mit Zahlen belegt – mit dem Ergebnis, dass die Deutschen bislang am meisten draufgezah­lt haben: 36 Milliarden seit dem Jahr 2000.
FOTO: DPA Teures Tanken: Die Angaben der Automobilh­ersteller zum Verbrauch stimmen kaum mit den Erfahrunge­n der Autofahrer überein. Eine Studie hat diesen Unterschie­d nun mit Zahlen belegt – mit dem Ergebnis, dass die Deutschen bislang am meisten draufgezah­lt haben: 36 Milliarden seit dem Jahr 2000.

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