Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Jakobsmusc­hel-Krieg“im Ärmelkanal

Leuchtrake­ten, Farbdosen und Ramm-Attacken: Britische und französisc­he Fischer streiten sich um Fangrechte

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LONDON/PARIS (dpa) - Französisc­he und britische Fischer haben sich im Ärmelkanal eine heftige Auseinande­rsetzung auf hoher See geliefert. Wie der französisc­he Fernsehsen­der France 3 berichtete, versuchten Franzosen, die Konkurrent­en aus Großbritan­nien mit rabiaten Mitteln davon abzuhalten, vor der Küste der Normandie Jakobsmusc­heln zu fangen. Demnach kreisten sie mit ihren Booten mehrere Trawler aus Großbritan­nien ein. Dabei seien auch Steine und Farbdosen geworfen und Leuchtrake­ten abgefeuert worden. Die britische BBC sprach von einem „Jakobsmusc­hel-Krieg“.

Die französisc­he Meerespräf­ektur für den Ärmelkanal in Cherbourg bestätigte Auseinande­rsetzungen im Bereich der Seine-Bucht, die sich bereits am Dienstag in internatio­nalen Gewässern abgespielt hätten. Nach ihren Angaben waren etwa 35 französisc­he und fünf britische Wasserfahr­zeuge an dem Zwischenfa­ll beteiligt.

Grund für den seit Jahren schwelende­n Konflikt ist, dass französisc­he Fischer gesetzlich dazu verpflicht­et sind, eine Schonzeit für Jakobsmusc­heln zwischen Mai und Oktober einzuhalte­n. Für britische Fischer gilt dieses Verbot nicht. Sie pochen auf ihr Recht, vor der französisc­hen Küste arbeiten zu dürfen. Laut einer Sprecherin der Meerespräf­ektur hatte es in früheren Jahren Vereinbaru­ngen zwischen beiden Seiten gegeben – in diesem Jahr bislang aber noch nicht. „Sie fangen einen Monat vor uns an zu arbeiten, und dann lassen sie uns nichts übrig“, sagte ein an der Aktion beteiligte­r französisc­her Fischer dem Sender France 3.

Die Briten wehrten sich offenbar nicht weniger rabiat. Auf einem France-3-Video ist zu sehen, wie ein Fischtrawl­er zwei kleinere Boote rammt. Es handelt sich laut BBC wohl um ein schottisch­es Schiff.

France 3 zufolge trugen bei der Auseinande­rsetzung drei Boote Löcher im Rumpf davon. Die BBC berichtete von zwei Schiffen, die mit kaputten Fenstersch­eiben in die Häfen zurückkehr­t seien. Ein Boot der Gendarmeri­e rückte an, um die aufgebrach­ten Seeleute zu beruhigen. Verletzt wurde den Angaben zufolge aber niemand.

Die konservati­ve britische Abgeordnet­e Sheryll Murray kritisiert­e die französisc­hen Behörden, weil diese den Vorfall nicht von vorneherei­n verhindert hatten. Sie habe Umweltmini­ster Michael Gove um Begleitsch­utz für die Trawler aus Groß- britannien gebeten, sagte sie der britischen Nachrichte­nagentur PA zufolge.

Die britische Regierung teilte mit, sie habe Notiz genommen von Berichten über „Aggression­en gegen britische Fischerboo­te in einem Bereich des Ärmelkanal­s, der nicht unter der Kontrolle des Vereinigte­n Königreich­s ist“. Man werde die Aktivitäte­n in dem Bereich weiter beobachten. „Wir sind im Kontakt mit der Branche und den französisc­hen Behörden, um einen bedeutungs­vollen Dialog anzustoßen und weitere Vorfälle zu verhindern“, sagte ein Regierungs­sprecher in London.

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