Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Dr. Mabuse und das schwäbisch­e Internet

Dodokay macht den Thriller zur Komödie – „Die tausend Glotzböbbe­l vom Dr. Mabuse“

- Von Stefan Rother

Einst gab es kein Entkommen vor Dr. Mabuse: so gelten die ersten beiden Filme über den größenwahn­sinnigen Superschur­ken von Fritz Lang aus den Jahren 1922 und 1933 als absolute Filmklassi­ker. Die in den 1960-er Jahren entstanden­en Fortsetzun­gen gerieten dann zwar weniger hochwertig, blieben durch ständige Wiederholu­ngen im Fernsehen aber beim bundesrepu­blikanisch­en Publikum sehr präsent. In den 1980ern landete die deutsche Band Propaganda sogar mit einem Song über den dunklen Doktor einen internatio­nalen Hit.

Dadurch hat die vor knapp 100 Jahren vom Luxemburge­r Schriftste­ller Norbert Jacques geschaffen­e Figur mehrere Generation­en geprägt – auch die von Dominik Kuhn, Jahrgang 1969. Dem unter dem Namen Dodokay bekannten Komiker aus Reutlingen ist aber auch bewusst, was passiert, wenn man heute im Netz nach „Mabuse“sucht – und legt die Frage dann auch einer Figur in seinem neuen Filmprojek­t in den Mund: „Isch des der Mann von dera Tanzlehrer­in aus Let’s Dance?“

Erster Remix in Spielfilml­änge

Wer darüber lachen kann, wird auch mit „Die 1000 Glotzböbbe­l vom Dr. Mabuse“reichlich Spaß haben. Der umtriebige Dodokay erlangte breitere Bekannthei­t, indem er Fernsehser­ien wie „24“auf schwäbisch nachsynchr­onisierte. Nun hat er sich einen ganzen Film vorgenomme­n und „remixed“, also einige Szenen geschnitte­n oder umgestellt, vor allem aber sämtliche Figuren neu eingesproc­hen. Seine Wahl fiel auf den ersten Mabuse-Nachkriegs­film, bei dem noch einmal Lang Regie führte. Ein Kriterium für ihn war dabei, dass in „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“die Figuren „die ganze Zeit labern“. Das gibt Dodokay reichlich Spielraum, um bei der Bearbeitun­g sein humoristis­ches Potenzial zu entfalten und dem Film eine weitgehend neue Handlung zu verpassen, die auch nicht wesentlich absurder ausfällt als das Original.

Der Komiker erlangte seine Bekannthei­t zunächst vor allem online, und so ist es nur folgericht­ig, dass es bei dem ursprüngli­ch 1960 erschienen­en Film jetzt auch ums Internet geht. Tüchtig, wie die Schwaben nun mal sind, haben sie zu dem Zeitpunkt bereits einen Vorläufer des weltweiten Netzes entwickelt, und dessen geheime Schaltzent­rale sitzt im Hotel ‚Zum güldenen Grasdackel‘ in Leimerstet­ten auf der schwäbisch­en Alb. Rund um das Hotel häufen sich allerdings merkwürdig­e Vorkommnis­se, sodass Kommissar Krass (Gert Fröbe) reichlich zu ermitteln hat: Warum will die wohlhabend­e Sabine Hirrlinger (Dawn Addams) vom Hotelsims springen? Welche Rolle spielt der Betreiber der schwäbisch­en Internet-Plattform „Fleissbook“, Mark Sackerberg (Wolfgang Preiss)? Und steckt hinter all dem Chaos der seit langem für tot erklärte Doktor Mabuse? Der bislang vor allem in kürzeren Clips erfolgreic­he Humor funktionie­rt durchaus auch auf Filmlänge. Das Resultat ist natürlich recht albern, man merkt ihm aber den Respekt vor dem Original an, und den Spaß den Dodokay bei der Realisieru­ng hatte – der sehenswert­e Abspann zeigt ihn im Synchronis­ationsstud­io mit vollem Einsatz.

Die 1000 Glotzböbbe­l vom Dr. Mabuse. Regie: Fritz Lang, Dominik Kuhn. Mit Gert Fröbe, Wolfgang Preiss, Dawn Addams. Deutschlan­d 2018. Länge: 90 Minuten. FSK: 12 Jahre.

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FOTO: CAMINO FILMVERLEI­H Kommissar Krass ( Gert Fröbe) hat im Film nicht nur Probleme mit Dr. Mabuse.

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