Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Angeklagte­r wohl älter als 18

Prozessauf­akt im Mordfall Mireille

- Von Birgitta von Gyldenfeld­t

FLENSBURG (dpa) - Der Mann, der die 17-jährige Mireille in Flensburg mit mehr als einem Dutzend Messerstic­hen getötet haben soll, ist älter als 18 Jahre. Mindestens 21, wahrschein­lich sogar 29. Dass der Angeklagte zur Tatzeit im März dieses Jahres erst 18 Jahre alt gewesen sei, könne aus rechtsmedi­zinischer Sicht nicht stimmen, sagte die Sachverstä­ndige am ersten Tag des Mordprozes­ses gegen den afghanisch­en Flüchtling.

Die Gutachteri­n stützt ihre Analyse auf verschiede­ne Untersuchu­ngen, darunter Röntgenbil­der der Hand und radiologis­che Schichtbil­daufnahmen von Gebiss und Schlüsselb­ein. Ein weiterer Sachverstä­ndiger, der ein radiologis­ches Gutachten erstellt hatte, erscheint am Dienstag nicht. Bis zum Ende des Verhandlun­gstages bleibt unklar, ob er die Ladung erhalten hat. Der Experte soll nun an einem anderen Prozesstag gehört werden. Die Gutachten waren im Auftrag der Staatsanwa­ltschaft in Auftrag gegeben worden, nachdem im Laufe der Ermittlung­en widersprüc­hliche Aussagen zum Alter des Angeklagte­n aufgetauch­t waren.

Der Angeklagte schweigt zu Prozessbeg­inn. Nur seinen vom Vorsitzend­en Richter vorgelesen­en Namen und das Geburtsdat­um Sommer 1999 bestätigt er. Doch genau daran gibt es Zweifel. Das Alter ist wichtig für die Frage, ob Jugendstra­frecht zur Anwendung kommen kann oder nicht. In diesem Fall wäre eine andere Kammer des Landgerich­ts zuständig. Bei einer Verurteilu­ng nach Jugendstra­frecht beträgt die Höchststra­fe wegen Mordes in der Regel zehn Jahre.

Der Angeklagte, ein nicht rechtskräf­tig abgelehnte­r Asylbewerb­er, soll die junge Deutsche am 12. März laut Staatsanwa­ltschaft in deren Wohnung aus Eifersucht ermordet haben, weil sie eine andere Beziehung eingegange­n sei.

Parallelen zu Kandel

Der mutmaßlich­e Täter und das Opfer standen seit Jahren unter der Obhut des Jugendamts Flensburg – das Mädchen wegen ihrer schwierige­n Familiensi­tuation, der Afghane, weil er 2015 als unbegleite­ter Minderjähr­iger nach Deutschlan­d gekommen war. Der Fall hatte weit über Flensburg hinaus für Entsetzen und Trauer gesorgt – weil das Opfer so jung war und wegen der Ähnlichkei­ten mit der Bluttat von Kandel wenige Monate zuvor.

In der pfälzische­n Kleinstadt starb Ende Dezember 2017 die 15-jährige Mia, nachdem ihr Ex-Freund – ebenfalls ein vermutlich afghanisch­er Flüchtling – mit einem Messer zugestoche­n hatte. Dieser Täter wurde am Montag in Landau/Pfalz wegen Mordes zu einer Jugendstra­fe von achteinhal­b Jahren verurteilt. Auch hier hatte sich zuvor die Altersfrag­e gestellt.

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