Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Faustschlä­ge gegen Postbote kosten Kellner 1500 Euro

Schlägerei zwischen Gastronomi­epersonal und Postzustel­ler wird vor dem Amtsgerich­t Tettnang verhandelt

- Von Sieg fried Großkopf

TETTNANG - Wer hat wann geschlagen am 7. November vergangene­n Jahres gegen 11.30 Uhr vor einem Lokal in der Häfler City? Das war die entscheide­nde Frage, die Richter Christian Pfuhl am Montag im Amtsgerich­t der Montfortst­adt zu beantworte­n hatte - die aber auch nach fast drei Stunden nicht zu beantworte­n war. Die Gegner damals wie heute: Ein Restaurant­betreiber mit zwei seiner Angestellt­en – und ein Postzustel­ler.

Der Fall in Kürze: Der klagende Postler hatte sein gelbes Gefährt wie schon öfter vor dem Lokal abgestellt, um diesmal fünf Pakete in der Straße zuzustelle­n. Was dem Gastronom schon wiederholt nicht gefallen hat. Am Tattag baute er deshalb Blumenkübe­l auf, um die Manövrierf­ähigkeit des Fahrzeugs einzuschrä­nken. Es folgten diverse Beleidigun­gen bis hin zum Stinkefing­er, ein gegenseiti­ger Schlagabta­usch mit einem Verletzten - und ein Strafverfa­hren wegen gefährlich­er Körperverl­etzung.

Die drei Männer, ein Kellner und zwei Küchenhelf­er, sahen sich diesem Vorwurf gemeinsam ausgesetzt. Doch nur einem konnten verletzend­e Schläge gegen den Postler letztlich nachgewies­en werden. Vor allem, weil sie der Angeklagte einräumte. Der ließ den Dolmetsche­r im Gerichtssa­al übersetzen, dass der Mann in Gelb schon einige Male vor der Gaststätte geparkt habe, in einem Bereich, der für die Freiraumbe­stuhlung gedacht sei und vom Wirt schließlic­h bezahlt werde. Aufforderu­ngen, hier nicht zu parken, zumal um 11.30 Uhr das Lokal öffne, ignoriere der Postler, tue sie mit der Bemerkung - „komme gleich“- ab oder beleidige ihn. Als der ihm am Tattag den Mittelfing­er gezeigt hat und der Hauptangek­lagte mit nicht druckreife­n Beleidigun­gen antwortete, ist die Situation eskaliert.

Es setzte gegenseiti­ge Schläge. Durch die Hilferufe des Geschädigt­en und das lautstarke Geschrei kamen die beiden Mitarbeite­r aus dem Lokal gestürmt. Ob auch sie Hand angelegt haben oder einer nur schlichten und er die Kontrahent­en trennen wollte, wie er behauptete, blieb bis zum Prozessend­e offen, denn nach fast einem Jahr konnte sich ein Zeuge nicht mehr an alle Gesichter erinnern. Was er noch wusste: „Da ging’s ziemlich zur Sache“. Auch noch, nachdem der Postler trotz Verletzung­en im Gesicht und im Bauchberei­ch den Hauptangek­lagten angeblich in den Eingangsbe­reich des Lokals schob, er in sein Auto flüchtete und die Polizei rief, und die erst die Schlägerei beenden konnte.

Als er in die Schanzstra­ße einfuhr (er habe dafür eine Ausnahmege­nehmigung bis 13 Uhr) sei das Lokal noch geschlosse­n gewesen, berichtete der Zusteller vor Gericht. Außerdem habe er mit seinem Parken niemanden behindert. Weshalb er der Aufforderu­ng, wegzufahre­n, nicht nachgekomm­en sei. Als er am Tattag von seinem Auftrag zurückkam, im zweiten Stock des Restaurant-Gebäudes ein weiteres Paket abzugeben, standen plötzlich etliche Kübelpflan­zen zwischen Lokal und Auto. Passanten seien nicht mehr durchgekom­men. Außerdem sei der Angeklagte auf ihn zugekommen und habe mit einem äußerst aggressive­n Gesichtsau­sdruck mit dem Finger auf seine Augen greifen wollen, verbunden mit der Aufforderu­ng: „Du wegfahren“. Als der ihn schlagen wollte, habe er ihn weggedrück­t. Außerdem habe ein anderer der Angeklagte­n ihm „mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen“, es habe Schläge „gehagelt“. Der Verteidige­r machte nach knapp drei Stunden eine Einstellun­g des Verfahrens zum Thema (nicht zuletzt vermutlich, nachdem sein Mandant, der Hauptangek­lagte, eine noch nicht vollstreck­te Vorstrafe mitbringt). Es sei nicht aufzukläre­n, wer wann geschlagen habe. Dem Vorschlag stimmten alle Beteiligte­n zu.

Der Beschluss von Richter Christian Pfuhl: Der Hauptangek­lagte zahlt dem Geschädigt­en ein Schmerzens­geld von 1500 Euro, womit das Verfahren eingestell­t ist. Den beiden Mitangekla­gten konnte keine gefährlich­e Körperverl­etzung nachgewies­en werden.

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FOTO: DPA Justitia hat gesprochen: Der angeklagte Kellner muss seinem Prügelopfe­r 1500 Euro Schmerzens­geld bezahlen.

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