Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Was die Eisenbahn für Tettnang bedeutet
Im Montfortmuseum können Besucher beim Bähnlesfest Mobilitätsgeschichte erleben
TETTNANG - Das Bähnlesfest naht, und die Vorbereitungen im Montfortmuseum für eine Sonderausstellung zum Thema Bahn laufen auf Hochtouren: Museumsleiter und Stadtarchivar Florian Schneider begutachtet gerade ein 1,34 Meter langes Modell des elektrischen Triebwagens LAG 772 im Maßstab 1:11. Der war lange Jahre zwischen Tettnang und Meckenbeuren auf kleiner Fahrt. Das Modell hat Leihgeber Siegfried Bücheler aus Obereisenbach gebaut. Einige Bilder hängen schon an der Wand, die Vitrinen sind teils befüllt.
Die Tettnanger feiern das Bähnlesfest seit Ende des Tettnanger Personenschienenverkehrs im Jahr 1976. Eine Art Galgenhumor, der mittlerweile zu einer festen Institution geworden ist. Für Schneider indes ist das viel frühere Jahr 1895, in dem die Nebenstrecke Meckenbeuren-Tettnang in Betrieb gegangen ist, „das wichtigste Jahr für Tettnang in der modernen Zeit“.
Mit der Bahnlinie sei nicht nur die Anbindung an die große weite Welt, sondern auch der elektrische Strom und das Telefon gekommen. Denn die Bahnlinie war, bis auf wenige Ausnahmen in der Nachkriegszeit, elektrisch betrieben. Für die Menschen muss das wie ein Wunder gewesen sein. Die Eisenbahn war das modernste Verkehrsmittel. Betreiber war in der Anfangszeit die Lokalbahn Aktien-Gesellschaft aus München. Zumindest bis zur Verstaatlichung Ende der 1930er-Jahre, als die Deutsche Reichsbahn und später die Bundesbahn den Betrieb übernahmen.
Viele Jahre war die Bahnstrecke zwischen Tettnang und Meckenbeuren ein Erfolgsmodell. Hier und da gab es mal einen Unfall an einem Bahnübergang, aber letztlich nahmen viele Pendler und Schüler den Zug gern an.
Das galt ab 1962 auch zuerst noch für den dieselbetriebenen Schienenbus. Für das Ende des Bahnverkehrs macht Schneider den immer stärker werdenden Autoverkehr, aber vor allem auch die Busanbindungen verantwortlich. Die Bahn wurde wegen der vielen Umstiege angesichts der Bus-Direktverbindungen unattraktiver und endete wegen sinkender Fahrgastzahlen dann ganz.
Der Güterverkehr lief bis 1976 nebenher. „Güterwaggons wurden einfach an Personenwaggons gekoppelt“, sagt Schneider, auch später am dieselbetriebenen Schienenbus. Viele Fahrzeuge sind als Modell in der Ausstellung zum Bähnlesfest und dem zeitgleich stattfindenden Tag des offenen Denkmals zu sehen. Mehrfach fuhr der Zug täglich zwischen Tettnang und Meckenbeuren, da reichte das. Bis Mitte der 1990erJahre war die Strecke dann aber nur noch für den reinen Güterverkehr in Betrieb. Da lief das Bähnlesfest schon lange. Doch auf die Idee, einen Zug zu kapern, kam da keiner mehr. Das passierte, berichtet Schneider, in den Zwischenkriegsjahren. Leichte Schäden am Fahrzeug und ein Gerichtsverfahren war das Resultat des Ausflugs einiger junger Männer in der Zwischenkriegszeit.
Es gibt beim Bähnlesfest am Sonntag, 9. September, im Montfortmuseum Sonderführungen um 9.30 und um 15 Uhr. Das Museum selbst hat von 14 bis 18 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei.