Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Musiker und Sänger proben „Our Father In Heaven“
Musikschule Meckenbeuren und die Chöre der Häfler Schlosskirche führen das Stück Anfang November auf
FRIEDRICHSHAFEN - Eindringlich ist am Samstagvormittag im evangelischen Gemeindehaus das Spiritual „Sometimes I Feel Like A Motherless Child“erklungen, das Lied des einsamen Menschen, der in Psalm 130 Gott um Gnade anruft. Kantor Sönke Wittnebel war am proben, und um ihn saßen nicht nur Sängerinnen und Sänger des Gospelchors „Almost Heaven“, sondern seine vereinten Chöre an der Schlosskirche: die Kantorei, der Jugendchor und die Mädchenund Jungenkantorei. Ein großes Gemeinschaftsprojekt, das diesmal nicht von der Schlosskirche Friedrichshafen ausgeht, sondern von der Musikschule Meckenbeuren und ihrem Leiter, Jörg Scheide.
Der Hintergrund: Seit vielen Jahren verbindet die dortige Musikschule eine Partnerschaft mit der Musikschule Rathenow in Brandenburg. Während Meckenbeuren viele Bläser-, aber wenige Streicherschüler hat, ist es dort gerade umgekehrt – ein guter Grund, regelmäßig ein gemeinsames Jugendsinfonieorchester zu bilden, bei dem auch junge Musiker aus Riga/Lettland und Tallinn/ Estland mitwirken. Nur die bislang ebenfalls teilnehmende Schule aus Bursa/Türkei kann nicht mehr dabei sein.
Beim ersten Konzert in Meckenbeuren führten sie 2009 mit dem dortigen Kirchenchor die „Cäcilienmesse“auf, weitere Projekte folgten in den anderen Städten. Nach neun Jahren ist nun wieder Meckenbeuren dran, wo in den Herbstferien gemeinsam geprobt wird, die Aufführungen sind am 2. und 3. November in Immenstaad und Kehlen. Eine internationale Begegnung, welche die unterschiedlichen Teilnehmer zum gemeinsamen Musizieren und Singen zusammenführt.
Im Mittelpunkt steht die Symphonische Rhapsodie über das Spiritual „Sometimes I Feeel Like A Motherless Child“für Solo, Chor und Orchester von Ralf Grössler. Wer sich an die Aufführungen von dessen „Mass of Joy“in St. Columban erinnert, kann ermessen, was für ein musikalisches Ereignis, was für eine musikalische Bandbreite von klassischer Musik, Gospel, Jazz und Swing auch diesmal bevorsteht. Grösslers Thema ist die Einsamkeit des Einzelnen in der modernen Kommunikationsgesellschaft. Er macht den Stress und die Hektik, der wir täglich ausgesetzt sind, ebenso hörbar wie den Aufschrei nach Rettung im „Our Father In Heaven“, im Vaterunser, lässt aber auch die Ahnung der künftigen Herrlichkeit erleben.
Mehr als 100 Sänger
Da mit den Gästen aus Rathenow ein rund 80-köpfiges Orchester zusammenkommt, sollte ihm ein entsprechend großer Chor gegenüberstehen. So wandte sich Jörg Scheide an Kantor Sönke Wittnebel, der angesichts dieser Fülle nicht nur seinen Gospelchor, sondern auch die übrigen Chöre und Gastsänger zu begeistern wusste, sodass nun weit über hundert Sänger einen imposanten Chor bilden. Bevor alle in den Herbstferien zusammenkommen, proben Musiker und Chöre für sich. Damit die Häfler Sänger eine Vorstellung von der Musik bekommen, probt Wittnebel auch mit der CD, die die Spannweite zwischen gehetzter Dynamik und Inseln der Stille erkennen lässt. Eine Riesenherausforderung, an die die Sängerinnen und Sänger, wie bei der Probe zu erleben, mit ansteckendem Elan herangehen. Als Solosängerin wirkt Angela Mink aus Emmendingen mit, die Gesamtleitung hat Sönke Wittnebel. Zusätzlich wird Swen Pech Werke von Verdi und Edward Elgar dirigieren.
Die Aufführungen finden am Freitag, 2. November, 19 Uhr, in Immenstaad und am Samstag, 3. November, um 18 Uhr in St. Verena in Kehlen statt.