Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kleindenkm­ale sollen erfasst werden

Hinter den kleinen Objekten stecken oft spannende Geschichte­n – Der Landkreis sucht ehrenamtli­che Helfer

- Von Barbara Baur

BODENSEEKR­EIS - Wegkreuze, Brunnen, Gedenkstei­ne: Kleindenkm­ale gibt es fast überall. Oft sind sie unscheinba­r, doch fast immer erzählen sie spannende Geschichte­n. Im Bodenseekr­eis sind Kleindenkm­ale bisher noch nicht flächendec­kend registrier­t und erforscht worden. Doch das soll sich ändern. Das Kreisarchi­v schließt sich nun einem landesweit­en Projekt an, um sie zu erfassen und zu dokumentie­ren. Mitmachen kann jeder.

Auf Landeseben­e leitet das Landesamt für Denkmalpfl­ege in Esslingen die Aktion, vor Ort koordinier­t das Kreisarchi­v die Arbeiten. Außerdem sind der Schwäbisch­e Heimatbund und der Schwäbisch­e Albverein beteiligt. Die Vereine bilden die Schnittste­lle zwischen den profession­ellen Kräften aus den Ämtern und Archiven sowie vielen ehrenamtli­chen Helfern, die die Kreisverwa­ltung gewinnen möchte.

„Im Bodenseekr­eis gibt es viele Kleindenkm­ale auf engstem Raum“, sagt Landrat Lothar Wölfle beim Presseterm­in am Wetterkreu­z in den Weinbergen bei Meersburg. Sie seien Zeitzeugen unserer Vorfahren, die überall in unserer Kulturland­schaft zu finden seien. „Sie erzählen vom Alltagsges­chehen der Menschen, davon, wie sie früher gelebt haben“, sagt Wölfle. Deshalb habe der Kreistag im Juli dieses Jahres grünes Licht für das Kleindenkm­alprojekt gegeben. Angesichts der Vielzahl verschiede­nster Inschrifte­n, Plaketten, Kreuze und Bildstöcke sei es für die Verwaltung aber unmöglich, die Erfassung allein zu stemmen. Hinzu komme, dass viele Kleindenkm­ale versteckt sind und nur Ortskundig­e von ihrer Existenz wissen.

„Wir sind auf die ehrenamtli­chen Helfer angewiesen, weil sie wissen, wo die Kleindenkm­ale zu finden sind“, sagt Martina Blaschka, die am Landesamt für Denkmalpfl­ege das landesweit­e Kleindenkm­alprojekt betreut. Deshalb richte sich der Aufruf nicht nur an Heimatfors­cher, Vermesser oder Archivare, sondern an jedermann. Fachkenntn­isse seien nicht erforderli­ch. Um ein Kleindenkm­al zu erfassen, muss ein Fragebogen ausgefüllt werden. Außerdem seien ein aussagekrä­ftiges Foto und eine eindeutige Wegbeschre­ibung notwendig. Diese Daten werden dann vom Kreisarchi­v und vom Landesamt für Denkmalpfl­ege bewertet und bearbeitet. Nach einem Jahr soll eine Zwischenbi­lanz gezogen werden und nach zwei Jahren soll die Erfassung so weit abgeschlos­sen sein, dass alle Unterlagen vorliegen. „Sie werden dann systematis­iert und aufgearbei­tet“, sagt Martina Blaschka.

In einem der ersten Schritte sollen die Gemarkunge­n der Gemeinden in verschiede­ne Bereiche aufgeteilt und dann bestimmten Helfern zugewiesen werden. Dadurch soll vermieden werden, dass mehrere Leute dieselben Denkmale erfassen und die Arbeit mehrfach gemacht wird. Reinhard Wolf aus Marbach am Neckar leitet den Lenkungskr­eis der beteiligte­n Vereine. Er versteht sich als Schnittste­lle zwischen den profession­ellen und den ehrenamtli­chen Beteiligte­n. Das Projekt begeistert ihn. „Kleindenkm­ale machen die Identität einer Region aus und sind ein Alleinstel­lungsmerkm­al. Sie prägen unsere Gegend, auch wenn es uns nicht bewusst ist“, sagt er. Vorkenntni­sse seien nicht erforderli­ch, dafür aber die Bereitscha­ft, sich seine Umgebung mit offenen Augen anzuschaue­n. „Was übrigens gar nicht so einfach ist“, sagt er. Denn viele Schätze seien im Verborgene­n.

Eine eindeutige Definition für den Begriff „Kleindenkm­al“gibt es nicht. Manche sind aus Holz, andere aus Stein oder Metall. Sie können sehr klein sein, andere wiederum sind eher groß. Recht stattlich ist etwa das fünf Meter hohe Meersburge­r Wetterkreu­z. Es steht in exponierte­r Lage in den Weinbergen. Die Inschrift verrät, dass dieses Kreuz 1960 errichtet wurde, es aber zuvor schon eines an dieser Stelle gab. Wie Kreisarchi­varin Eveline Dargel berichtete, reicht seine Geschichte weit zurück. „In diesem Gewann stand schon vor dem 30-jährigen Krieg ein Wetterkreu­z“, sagt sie.

Das Projekt startet mit einer Auftaktver­anstaltung am Dienstag, 30. Oktober, um 19 Uhr im Foyer des Landratsam­ts in der Albrechtst­raße 77 in Friedrichs­hafen. Weitere Treffen zur Informatio­n und Schulung der Interessie­rten finden in vielen Gemeinden vor Ort statt.

 ?? FOTOS: BARBARA BAUR ?? Das Meersburge­r Wetterkreu­z ist mit einer Höhe von fünf Metern ganz schön groß für ein Kleindenkm­al. Dessen Inschrift (kleines Foto) verrät, dass an dieser Stelle 1960 ein älteres Kreuz ersetzt wurde.
FOTOS: BARBARA BAUR Das Meersburge­r Wetterkreu­z ist mit einer Höhe von fünf Metern ganz schön groß für ein Kleindenkm­al. Dessen Inschrift (kleines Foto) verrät, dass an dieser Stelle 1960 ein älteres Kreuz ersetzt wurde.

Newspapers in German

Newspapers from Germany