Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Zweite Brücke vonnöten – wenn es B-30-Osttrasse wird
Ortsbesichtigung an der Südumfahrung Kehlen: Herbst 2019 könnte der Verkehr rollen
KEHLEN (rwe) - Neun Gemeinderäte haben jüngst das Angebot genutzt, zusammen mit Bürgermeisterin Elisabeth Kugel und Amtsleitern die Baustelle der Südumfahrung Kehlen zu besichtigen. Informationen kamen von Dezernent Uwe Hermanns, Straßenbauamtsleiter Tobias Gähr und weiteren Fachleuten wie Projektleiter Clemens Brugger. Der aktuelle Baufortschritt interessierte dabei ebenso wie die Zukunft – speziell die Frage, ob die Brücke nicht zu gering dimensioniert sei für den Fall, dass es bei der B 30 Umfahrung Meckenbeurens die Osttrasse wird.
Die größte Straßenbaustelle im Bodenseekreis befindet sich im Zeitplan wie im Kostenplan – die frohe Kunde kam von Uwe Hermanns. Bei 20,7 Millionen Euro hält das Projekt derzeit, nachdem die Kostenschätzung bei 20,4 Millionen gelegen hatte (inklusive Landeszuschuss in Höhe von 6,6 Millionen Euro).
Ein eher geringer Unterschied bei einem Werk, das oft zur ungläubigen Frage verleitet: „20 Millionen für 1,47 Kilometer Straße?“Auf zwei Gründe für die ungewöhnlich hohen Kosten gingen Brugger und Gähr ein. Zum einen die 208 Meter lange Brücke, die über Schussen und Bahngleis führt – und bei letzterem schon die Höhenentwicklung durch die Elektrifizierung vorwegnimmt.
Kein Zweifel: „Die Brücke wird hervorstechen in der Schussenaue“, blickte Gähr voraus. Schlanke Querschnitte statisch umzusetzen, diese Schwierigkeit steckt hinter dem anspruchsvollen Bauwerk, für das Clemens Brugger die technischen Daten lieferte. Etwa dass sich seit dem Beginn der Schüttungen 2015 eine Gesamtsetzung des Dammes um 70 Zentimeter ergeben habe. Mit deren 30 war gerechnet worden. Jetzt aber sind sie abgeklungen, was die immer noch aktiven Messeinrichtungen bestätigen. Der Brückenbau als solcher läuft seit etwa einem Jahr. Das Ziel, mit dem Überbau 2018 fertig zu werden, dürfte nicht erreicht werden: Die geringe zeitliche Verzögerung wirkt sich aber nicht auf den Gesamtzeitplan aus: In ihm ist weiter von Herbst 2019 die Rede, dann soll der Verkehr fließen.
„Römer hätten hier nie gebaut“
Neben der Brücke gab es noch einen zweiten Grund für die hohen Kosten - nämlich die Notwendigkeit, den Baugrund in Schussennähe gravierend zu verbessern. Was mittels 3438 großteils geotextilummantelter Stopfsäulen geschah, die aneinander gereiht eine Gesamtlänge von 57 Kilometern ergeben würden. Ohne sie wäre mit einer Zeitdauer von 100 Jahren zu rechnen, in der sich die Bauwerke setzen würden. „Die Römer hätten hier nie eine Straße gebaut“, zeigte sich Tobias Gähr überzeugt.
Und dann sind da noch die Lärmschutzmaßnahmen, bei denen Gemeinde und Landkreis weit über den Standard hinausgehen, „zum Wohle der Bevölkerung“, wie betont wurde. 998 Meter sind die Wände lang und auf der einen Seite knapp zwei Meter, auf der anderen rund 2,50 Meter hoch. Und damit rund einen Meter höher als es die Norm vorgibt. Auf den „Zuwachs“hatte die Gemeinde bestanden und trägt dafür hälftig die Kosten. Die andere Hälfte der insgesamt 600 000 Euro ist beim Landkreis angesiedelt.
Doch auch sonst wurde an die Bewohner gedacht, beispielsweise in der Verwendung von Elsatomerlager (Grundsubstanz Kautschuk) an den Übergängen. Sie seien auch aus Gründen der Akustik gewählt worden, hieß es. Auch hier gelte, so Gähr: „Es gibt nichts, was wir im Vorfeld nicht diskutiert haben.“
Was auch für die Möglichkeit eines Radwegs auf der Brücke gilt. Hier sei festgestellt worden, dass die räumliche Achse durch die bereits bestehenden Wegebeziehungen via Kehlen oder Gerbertshaus gut abgedeckt ist.
Weniger das Vorfeld als das Nachhinein brachte Josef Sauter (CDU) zu seiner Frage: „Sollte die Osttrasse der B 30 neu kommen: Bräuchte es dann eine zweite Brücke daneben? Oder muss die Brücke dann gar abgebrochen werden?“Wenn es denn so käme – für diesen Fall kam von Tobias Gähr die Auskunft: „Wir gehen davon aus, dass der Querschnitt für eine Hälfte einer zweibahnigen Bundesstraße ausreichen würde.“Mit der mutmaßlichen Folge: Ein zweites Bauwerk müsste daneben gestellt werden.