Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Eigene Hühner halten und trotzdem in den Urlaub fahren

Junguntern­ehmer Yul Strobel aus Fildenmoos hat einen automatisi­erten Hühnerstal­l entwickelt

- Von Elke Oberländer

RAVENSBURG - Eier von eigenen Hühnern, vielleicht aus dem eigenen Garten: für viele erstmal ein netter Gedanke. Aber dann kommt die Kehrseite: Wer macht abends die Stallklapp­e zu und morgens wieder auf? Wer füttert die Hühner, wenn ich im Urlaub bin? Kann ich dann nie wieder spontan übers Wochenende wegfahren? Wer solche Überlegung­en selbst schon angestellt hat, der ist der ideale Kunde für Yul Strobel. Der 25-jährige Firmengrün­der aus Fildenmoos hat einen automatisi­erten und mobilen Hühnerstal­l entwickelt.

„Die Hühnerhalt­ung ist groß im Kommen, gerade bei jungen Leuten“, sagt Strobel und ist sich sicher, mit seiner Gründung voll im Trend zu liegen. Er sei selbst ein großer Tierfreund und habe sich immer Hühner gewünscht. Inzwischen hat er vier Jahre Erfahrung als Hühnerhalt­er. Im Garten seiner Eltern in Fildenmoos picken und scharren 30 Hennen im Auslauf. An der Entwicklun­gsarbeit des Junguntern­ehmers waren sie intensiv beteiligt.

Eigentlich hat Strobel zwei Produkte entwickelt. Zum einen den bezugsfert­igen mobilen Hühnerstal­l für bis zu zehn Hühner. Er sollte leicht und gut zu reinigen sein sowie gegen Wärme und Kälte isolieren. Das Ergebnis ist ein Blechstall in Sandwich-Bauweise mit vier Zentimeter­n Isolations­schicht und vier Rädern. Komplett ausgestatt­et mit Sitzstange­n, Futterauto­mat und Tränke wiegt er 150 Kilogramm. Der Stall lässt sich leicht von einer Person verschiebe­n. Anders als in Holzställe­n gibt es im Blechstall kaum Ritzen, in denen sich Hühnerpara­siten wie die Vogelmilbe verstecken könnten. „Da kann man zum Ausmisten gut mit dem Gartenschl­auch reingehen“, sagt Strobel.

Der Clou an der Sache ist Strobels zweites Produkt: die automatisc­he Steuerung. Ein kleiner Kasten, der an der Wand des Stalls angebracht wird. An seinem Display kann der Hühnerhalt­er für seine Tiere den Tag gestalten: Er kann wählen, wann sich morgens die Klappe öffnet und wann sie sich abends wieder schließt – nach Uhrzeit oder nach Helligkeit. Es gibt auch einen Wochenendm­odus: Dann kräht der Hahn später und stört die Nachbarn nicht beim Ausschlafe­n.

Einstellen lässt sich auch, ob die Hühner im Stall morgens oder abends zusätzlich Beleuchtun­g bekommen sollen. Im Winter sind sie dann länger aktiv und fressen mehr. Steuern kann das Gerät auch, bei welcher Temperatur der Lüftungsve­ntilator Vollgas gibt. Wird es zu kalt, wälzt eine Tauchpumpe das Tränkewass­er um, damit es nicht einfriert. Sensoren melden der Steuerung, wenn Wassertank oder Futterbehä­lter fast leer sind. Dann blinkt eine rote Signallamp­e außen am Giebel des Hühnerstal­ls.

Entwicklun­g heißt „Finnibus“

Einzellösu­ngen wie beheizte Tränken oder automatisc­he Klappen gebe es schon jetzt auf dem Markt, berichtet Gründer Strobel. Aber die automatisc­he Steuerung, die alle Funktionen zugleich im Blick hat, sei seine Erfindung. Der 25-Jährige hat viele tausend Stunden im Hühnerstal­l und in der Werkstatt verbracht, hat gesägt, geschweißt, genietet und programmie­rt. „Mein größter Kritiker ist meine Mutter“, berichtet er. Sie hat die Entwicklun­g im Alltag mit den Hühnern begleitet. Und warum hat er seiner Entwicklun­g den Namen „Finnibus“gegeben? „So heißt unser Kater.“

Es sei gar nicht so leicht gewesen, einen geeigneten Namen zu finden, sagt Yul Strobel. Die Marke sei inzwischen europaweit geschützt. Der Schriftzug „Finnibus“prangt auch auf dem Kragen an seinem Hemd. Die Firmenklei­dung gehört zum profession­ellen Auftritt des Junguntern­ehmers, ebenso wie das Warenwirts­chaftssyst­em und die künftige Webseite. Strobel kennt sich aus: Er hat Wirtschaft­singenieur­wesen studiert und anschließe­nd anderthalb Jahre als Geschäftsf­ührer eines mittelstän­dischen Maschinenb­auers gearbeitet. Für seine Firma Strobelsys­tems GmbH hat er noch mehr Ideen im Kopf. Aber davon will er nichts verraten.

Für sein Hühnerstal­lprojekt hat der Gründer sich auf keinen Investor eingelasse­n, lieber hat er mit wenig Kapital auf eigene Faust begonnen. Geholfen haben ihm dabei Fördermitt­el wie die Innovation­sgutschein­e für kleine und mittlere Unternehme­n des Landes. „Ohne die hätte es nicht funktionie­rt“, sagt er. Langfristi­g will er tausend Steuerungs­geräte pro Jahr verkaufen, europaweit. Im Oktober soll die Vermarktun­g beginnen: Yul Strobel stellt Stall und Steuerung auf der Oberschwab­enschau vor.

Mit der automatisc­hen Steuerung kann jeder bestehende Hühnerstal­l nachgerüst­et werden, sagt Strobel. Sie wird voraussich­tlich 750 Euro kosten. Den mobilen Hühnerstal­l samt Steuerung will Strobel für 5000 Euro verkaufen, schlüsself­ertig: „Der Kunde muss nur noch den Stecker in die Steckdose stecken.“Und vor dem Stall einen Auslauf einzäunen. Dann können die Hühner einziehen. Die Besitzer müssen dann nur noch auf die rote Signallamp­e achten und alle paar Wochen ans Ausmisten denken. Und natürlich Eier holen.

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FOTO: ELO Unternehme­nsgründer Yul Strobel hat sich einen voll automatisi­erten Hühnerstal­l und eine spezielle Steuerungs­einheit ausgedacht.

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