Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bürgermeister schlägt versöhnliche Töne an
160 Langenargener wollen wissen, was los ist – Einwohnerversammlung läuft fast schon harmonisch ab
LANGENARGEN - Friede, Freude, Fachgespräche: Ganz so einfach ist die Einwohnerversammlung am Mittwochabend im Münzhof zwar nicht auf den Punkt zu bringen. Doch lief die Veranstaltung, bei der sich ungefähr 160 Langenargener über Themen wie Finanzen, Integration und ein neues Baugebiet, informieren ließen, fast schon harmonisch ab – vor allem im Vergleich zu früheren Vorstellungen dieser Art. Deutliche Anzeichen dafür: Der versöhnliche Ton, den der Bürgermeister anschlug, und die Qualität der Fragen, die einige Bürger stellten (siehe auch Beitrag unten).
Bereits eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn um 18 Uhr standen Mitarbeiter des Rathauses vor Schautafeln bereit, um über die Themen zu sprechen, die auf der Agenda standen – was auch einige Langenargener nutzten. Die Moderation der Versammlung übernahm Bürgermeister Achim Krafft, der seine Gäste gut gelaunt mit den Worten begrüßte: „Schön, dass Sie sich die Zeit genommen haben, um sich zu informieren.“Sein Appell: offen zu diskutieren und zu akzeptieren, dass verschiedene Menschen unterschiedliche Meinungen haben. Darum ging es:
Finanzen:
Zum Auftakt stellte der Bürgermeister die Zahlen von 2017 vor, die am Montag bereits dem Gemeinderat keine Tränen, aber beinahe Eurozeichen in die Augen getrieben haben. Nicht umsonst hatte Kämmerer Josef Benz in der Sitzung wie berichtet von einer „Jahresrechnung der Rekorde“gesprochen. Wichtige Kennzahlen: Die Gewerbesteuereinnahmen lagen bei 5,4 Millionen, der Einkommensteueranteil machte 5,2 aus, und die Schlüsselzuweisungen brachten 2,7 Millionen. Größter Ausgabenposten: die Personalausgaben in Höhe von 4,3 Millionen Euro. Die 10,5 Millionen Euro, die Langenargen auf der Seite hat, sind beeindruckend, aber auch Indiz dafür, dass einige wichtige Projekte, wie zum Beispiel der Neubau des Bauhofhauptgebäudes, noch nicht umgesetzt sind. Achim Krafft bezeichnete das Polster als „äußerst positiv, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen“.
Quartierskonzept:
Um in Sachen Klimaschutz einen Plan für die Zukunft zu haben, gab die Gemeinde 2016 ein Quartierskonzept mit einer Energie- und CO2-Bilanz in Auftrag. Die Aufgabe übernahm die Energieagentur Bodenseekreis. Das Konzept umfasst die Fläche von der Bahnlinie bis zum See und von der Franz-Anton-Maulbertsch-Schule bis zur Friedrichshafener Straße. Wie bei der Versammlung im vergangenen Jahr stellte Agenturchef Walter Göppel den aktuellen Stand vor. Ein Ergebnis: Die Gemeinde hat inzwischen einen Quartiersmanager eingestellt, der unter anderem Sanierungen betreut. Eine Kennziffer: Langenargens Gesamtenergieverbrauch liegt bei etwa 146,5 Millionen kWh pro Jahr. Umgerechnet in Heizöl macht das laut Walter Göppel jährlich 14,6 Millionen Liter Heizöl.
Die Empfehlung des Fachmanns als „Investition in die Zukunft“: Die Schule unter anderem mithilfe eines mobilen Blockheizkraftwerkes, das bei Bedarf an anderer Stelle eingesetzt werden kann, zur Heizzentrale aus- und und ein Nahwärmenetz aufzubauen. Die thermische Nutzung des Bodensees liege nahe, sei im Moment jedoch nicht wirtschaftlich. Oder um es mit dem Bürgermeister zu sagen: „Die Energiegewinnung aus dem Bodensee wäre derzeit exorbitant teuer, und es gibt noch rechtliche Fragen zu klären.“
Integration:
89 Menschen – 17 Familien und sieben Männer –, die ihre Heimat aus Angst vor Krieg, Tod und Verfolgung verlassen haben, leben in Langenargen. Die größten Gruppen: 37 stammen aus Syrien, 22 aus dem Irak und 21 aus Afghanistan. Im Gemeindeverwaltungsverband Eriskirch-Kressbronn-Langenargen sind es 300 Menschen mit Migrationshintergrund – beziehungsweise mit Migrationsgrund, wie es der Integrationsbeauftragte Mirko Meinel formuliert, der für die drei Gemeinden zuständig ist. Er leitet inzwischen ein Team, das aus drei weiteren Integrationsmanagern besteht.
Einer von ihnen ist Majed Mulla Mahmoud, der 2013 aus Syrien nach Deutschland kam, und in Langenargen vor allem Hilfe zur Selbsthilfe leistet. „Unser oberstes Ziel ist es, dass die Menschen selbst zurecht kommen“, erklärte Mirko Meinel. Weitere wichtige Arbeitsfelder: Sprache, Wohnen, Bildung, Teilhabe, Arbeit. Und neu: Rückkehrberatung und Arbeitsmarktintegration.
„Aus Sicht der Gemeinde als Ortspolizeibehörde läuft bei uns alles äußerst ruhig“, betonte Bürgermeister Krafft. Gründe: die dezentrale Unterbringung der Menschen, die dadurch nicht auf engstem Raum zusammenleben müssen, und der andauernde Einsatz der ehrenamtlichen Helfer, denen der Bürgermeister seinen Dank aussprach. Seine Forderung: „Wir müssen das Thema Integration offen angehen, mutig sein und dürfen nicht Angst zu unserem Berater werden lassen.“