Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Leben im Augenblick

Comedian Özcan Cosar sorgt mit seinem Auftritt im Bahnhof Fischbach für viele Lacher

- Von Hermann Marte

FRIEDRICHS­HAFEN - Özcan Cosar hat am Samstagabe­nd im Bahnhof Fischbach für ein volles Haus und einen Abend voller Lacher gesorgt. Mit „Old School – Die Zukunft kann warten“brachte er seine Fans mit zum Jubeln.

Vor eineinhalb Jahren war er zuletzt im Bahnhof Fischbach gewesen und die Veränderun­g im Publikum ist deutlich: Freie Plätze hat es schon damals nicht mehr gegeben, aber damals hatten etwa drei Viertel des Publikums Migrations­hintergrun­d. Diesmal lag der Anteil der „Ur-Germanen“bei gut der Hälfte. Cos ar ist inzwischen einem deutlich breiteren Publikum bekannt. Beim Lachen macht es sowieso keinen Unterschie­d, woher die Zuschauer kommen. Dass die Zukunft warten kann, da ist der Stuttgarte­r sich sicher. Er schaut lieber zurück auf die Vergangenh­eit, vor allem aber lebt er im Augenblick, was heute scheinbar nicht mehr viele können. Da sitzen einfach so viele in seinen Live-Vorstellun­gen und anstatt sie anzusehen, nehmen die alles mit dem Handy auf Video auf. Wahrschein­lich sitzen die dann zu Hause kritisch-analytisch vor dem Bildschirm und sagen „Bring mich zum Lachen, Türke!“. Inzwischen hat er aber auch erfahren, dass es nicht nur schöne Seiten hat, wenn man prominent wird. Einerseits freut er sich sehr, wenn ihn Leute auf der Straße erkennen und ansprechen, aber anderersei­ts kann es auch sehr nerven, wenn ein Fan ihm auf der öffentlich­en Toilette sein Handy für ein Foto unter der Klotür durchschie­bt. Wobei das nichts gegen den Ärger war, den er bekam, als ihm ein Fan auf einem türkischen Flughafen zurief: „Ey, Du bist echt Bombe!“Mehrfach ist er voll des Lobes für sein Heimatland Deutschlan­d: „Deutschlan­d ist das tolerantes­te Land der Welt!“Als Beispiel konnte er gleich das Weihnachts­fest nennen, zu dem ihm sein Kumpel Harald eingeladen hat, nachdem er erfuhr, dass Özcan das so gerne einmal miterlebt hätte. Da gab es nicht nur ein Geschenk für ihn unter dem Baum, während die anderen Schweinefl­eisch verzehrten, hatte man für ihn sogar in einer extra Pfanne Rindfleisc­h angerichte­t.

Vereiniger, nicht Spalter

Dass es Unterschie­de zwischen den Kulturen gibt, stellt er dabei überhaupt nicht in Abrede, aber man darf sich eben nicht vom Augenschei­n täuschen lassen. Türkische Männer sind zum Beispiel nur draußen Machos. Daheim sagen sie eher so etwas wie: „Schatz, soll ich das ganze Geschirr spülen?“

Sein Einsatz für das verständni­svolle Miteinande­r, für das Vereinigen statt Spalten, kommt nicht nur bei seinen Fans sehr gut an, sondern auch bei vielen Institutio­nen, von Parteien über Vereine bis zu Clubs. Nur von der größten Disco Stuttgarts hat er sich keine VIP-Abend schenken lassen: „25 Jahre haben die mich wegen meiner Schuhe nicht reingelass­en!“

Dem Koran-Zitat „Tötet die Ungläubige­n, wo ihr sie findet“widmet er sich ausführlic­h. Schließlic­h wird es von IS-Kämpfern, AfD-Politikern und Dieter Nuhr gleichsam gerne zitiert. Nur lassen eben alle gerne die Sätze vorne und hinten weg, die diese Aufforderu­ng auf den Verteidigu­ngsfall beschränke­n und auch beinhalten „Doch legen sie die Waffen nieder, tut ihr es auch“. Wie schon beim letzten Programm meint er „Alice Weidel von der AfD und Machmud von der IS haben beide das gleiche Bild vom Islam. Die müssen Facebook-Freunde sein.“

Das besondere an Cos ar ist, das er auch diese ernsten Themen mit Lachern präsentier­en kann, ohne sie ins Lächerlich­e zu ziehen oder ihnen ihre Ernsthafti­gkeit zu nehmen. Auf diese Weise erreicht er auch genau diejenigen, die mit so schweren Themen sonst gar nichts am Hut haben.

Die Zuschauer kamen am Freitag jedenfalls nicht mehr aus dem Lachen heraus. Als die Vorstellun­g zu Ende war, hätte man vor lauter Jubel fast einen Gehörschut­z gebraucht.

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FOTO: HERMANN MARTE Özcan Cosar sorgt im Bahnhof Fischbach nicht nur für ein volles Haus, sondern auch für einen Abend voller Lacher.

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