Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Das Erlebnis schlechthin“
Reinhard Galler aus Tettnang fliegt Papst Franziskus auf dessen Baltikum-Rundreise
TETTNANG - Aufregende Tage liegen hinter Reinhard Galler. Der 43jährige Tettnanger durfte jüngst den Flug seines Lebens machen: Für den Piloten der Fluglinie Air Baltic gehörte Papst Franziskus bei dessen Baltikum-Rundreise zu seinen Passagieren. Im Gespräch mit Redakteur Roland Weiß erzählt er, wie es dazu kam und was ihn beeindruckt hat.
Herr Galler, wann haben Sie erfahren, dass Ihnen diese Ehre zuteil wird?
Das war vor etwa einem Monat. Zuvor hatte es eine Ausschreibung bei uns gegeben mit interner Bewerberrunde, und ich habe neben unserem Flottenchef den Zuschlag bekommen.
Und dass Air Baltic ausgewählt wurde ...
... hängt sicherlich damit zusammen, dass wir in allen drei Ländern präsent sind und dass wir mit dem Airbus A 220-300 mit über das modernste Fluggerät verfügen.
Wann ging es dann los?
Am Montag um 4 Uhr sind wir ,leer’ von Riga nach Vilnius in Litauen geflogen, also nur mit Pilot, Co-Pilot und fünf Flugbegleitern, das sind zwei mehr als sonst. Wir haben vorab ein Protokoll bekommen, was an Sicherheitsmaßnahmen auf uns zukommt. Dazu gehörte ein umfangreicher Securitycheck durch den Vatikan, unter anderem mit Hunden im Flugzeug. Aber auch wir hatten das Flugzeug vorbereitet, beispielsweise mit den Flaggen des Vatikanstaats
ANZEIGE und der jeweiligen Länder.
Und dann?
Haben wir den Papst auf dem Flughafen in Vilnius in Empfang genommen. Dazu hat auch ein Handschlag für alle Crewmitglieder gehört.
Wieviele Personen waren auf dem Flug nach Riga an Bord?
Etwa 120, zum größten Teil waren dies Journalisten. Zum Umfeld des Papstes gehörten etwa 25 Personen inklusive der Schweizer Garde.
Für Lettland ein besonderer Tag?
Ja, der Montag wurde aufgrund des Papstbesuchs zum Feiertag erklärt. Dieser einstündige Flug war ein ganz besonderer, denn wir mussten auf die Minute genau in Riga landen, damit es exakt zur Live-Übertragung im Fernsehen passt.
Danach ging es erst einmal getrennt weiter?
Unsere Crew ist mit einem Linienflug nach Vilnius geflogen. Unser abgesicherter Airbus wurde separat dorthin gebracht. Papst Franziskus hat im Marienwallfahrtsort Aglona eine Messe gehalten und ist mit dem Hubschrauber nach Vilnius gereist.
Am Dienstag ging es dann wieder gemeinsam weiter.
Wir haben den Papst von Vilnius nach Tallinn geflogen, in die Hauptstadt Estlands. Dort hat er eine Messe gehalten, und am Nachmittag sind wir mit ihm zurückgekehrt zum römischen Flughafen Ciampino. Dabei musste ich meine Ruhezeit einhalten und war deshalb im offiziellen Bereich, nachdem ich die ersten drei Flüge gemacht hatte.
Das Flugzeug war unterteilt?
Ja, in drei strengstens abgetrennte Sektoren. Einmal die Pilotenkabine, dann der Bereich für den Papst und seine Begleiter und dann der Sektor für die Journalisten. Nach der offiziellen Pressekonferenz im Flugzeug wurde die Crew dem Papst persönlich vorgestellt, dabei wurden dann auch Fotos gemacht.
Wie war das für Sie?
Das war das Erlebnis schlechthin, obwohl es nur ein kurzes Gespräch ist. Du bist erst einmal kurz sprachlos, dem Papst so nahe zu sein, denn er hat schon eine besondere Ausstrahlung und dir wird bewusst: Das ist jemand, der die Welt mitbewegt. Was sehr schön war: Er hat sich Zeit genommen, die Taufkreuze meiner ganzen Familie zu segnen.
Welche Eindrücke nehmen Sie mit?
Beeindruckt hat mich, dass er sehr schlicht lebt - etwa dass die verwendeten Autos keine Luxusfahrzeuge sind, sondern ein kleinerer Fiat. Diesen Verzicht auf Luxus lebt Papst Franziskus in allem vor. Diese Bodenständigkeit, Bescheidenheit und Demut, das gefällt mir. Ich hatte vorher das Buch von Andreas Englisch gelesen – „Der Kämpfer im Vatikan“. Im Nachhinein kann ich sagen, das trifft voll und ganz zu.
Gab es Besonderheiten?
Natürlich waren da viele Sachen anders als sonst, dafür hat es auch für uns ein strenges Protokoll gegeben, etwa dazu, was wir ansagen durften und was nicht. Oder dass von uns Piloten immer dann ein Telegramm verlesen wurde, wenn wir in den Luftraum eines Landes eingezogen sind - als Gruß des Papstes an das jeweilige Land. Beeindruckend fand ich auch, dass bei all den Sicherheitsmaßnahmen alles reibungslos und bis ins kleinste Detail geklappt hat.
Ihr Fazit?
Für mich war es das ultimative Erlebnis – vom Ablauf, von der Organisation, vom Zusammentreffen mit diesem charismatischen Menschen, aber auch von der Bedeutung für Lettland, für Air Baltic, für mich persönlich. Ich bin stolz, dass wir als offizielle Repräsentanten des lettischen Staates auftreten durften.