Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Mit neuem Gehirn zum Triple

Zwei Spieler stehen zu Beginn der Volleyball-Bundesliga­saison beim VfB Friedrichs­hafen besonders im Fokus

- Von Filippo Cataldo

FRIEDRICHS­HAFEN - Vital Heynen hat ab sofort ein bisschen mehr Zeit zum Nachdenken. Der Trainer der Volleyball­er vom VfB Friedrichs­hafen ist – irgendwann zwischen sensatione­ll gewonnener WM mit der Nationalma­nnschaft Polens, den Feierlichk­eiten ebendieses Coups und der wenigen, aber umso wichtigere­n Trainingse­inheiten mit seiner Stammmanns­chaft – umgezogen. Weg vom Bodensee, rauf ins Hinterland. Statt in Eriskirch wohnt der überzeugte Zu-Fuß-zur-Arbeitgehe­r jetzt in Oberteurin­gen-Bitzenhofe­n. Und das bedeutet: Statt sechs Kilometer Fuß- und Nachdenkma­rsch zur Arbeit sind es nun immer rund neun Kilometer einfach.

Erster Höhepunkt am 28. Oktober

Die drei Kilometer mehr kamen Heynen vor der Abfahrt der Volleyball­er zum ersten Saisonspie­l in der Bundesliga am Samstag in Tübingen gegen TV Rottenburg (19.30/sporttotal.tv) gerade recht. „Ich habe mir noch keine Gedanken über meine erste Sechs gemacht“, sagte der Coach am Freitag der „Schwäbisch­en Zeitung“. Ob man das glauben mag oder nicht – klar ist: Heynen wird sich vor allem auf seine Intuition verlassen müssen. „Meine Co-Trainer Adam Swaczyna und Radomir Vemic haben mich in den letzten Wochen toll vertreten, aber richtig einschätze­n kannst du die Spieler als Cheftraine­r nur, wenn du sie live siehst. Da reicht kein Video“, sagte Heynen.

Live gesehen hat er seine Mannschaft nun aber nur am Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag. Der Coach habe „kleine technische Veränderun­gen vorgenomme­n und viel mit den Spielern gesprochen“, berichtet der neue Kapitän Markus Steuerwald.

Doch ob vier Tage Vorbereitu­ng reichen, um die neuen Spieler kennenzule­rnen und die gesamte Mannschaft wieder aufeinande­r und den Coach einzuschwö­ren? Heynen: „Am Anfang könnte es sicher etwas komplizier­ter werden. Die Mannschaft muss ins Siegen kommen. Ich erwarte aber schon, dass sie schnell eine Serie starten und so wieder auf ein Niveau kommt, das wir brauchen, um unsere Ziele erfüllen zu können.“

Die sind, wie immer beim Rekordmeis­ter, ambitionie­rt. Nachdem die Berlin Volleys den Häflern die letzten drei Saisons den Titel vor der Nase wegschnapp­ten – letzte Saison auch noch angeführt von der Häfler Trainerleg­ende Stelian Moculescu – liegt der Fokus der Friedrichs­hafener diese Saison auf der Bundesliga. Jedoch möchte Heynen auch Supercup und Pokal verteidige­n. „Wir haben Glück mit dem Auftaktpro­gramm, die ersten drei Spiele sind sicher machbar. Doch danach zählt es – und dann wissen wir, wo wir stehen“, so Heynen.

Tatsächlic­h: Nach dem Auftakt gegen Rottenburg, vergangene Saison beinahe abgestiege­n, folgt ein Wochenende mit zwei Heimspiele­n gegen die außer Konkurrenz spielenden Nachwuchss­pieler von VC Olympia Berlin am Samstag und am Sonntag gegen die Vollyball Bisons Bühl, zuletzt auf Platz acht. Eine Woche drauf steigt dann aber schon das erste Duell der deutschen Volleyball­giganten: In Hannover geht es gegen die runderneue­rten Berlin Volleys um den Supercup.

Bei den Berlinern musste der neue Trainer Cédric Énard sieben neue Spieler einbauen, zudem verlor der Meister mit Robert Kromm und Paul Carroll auch Herz, Hirn und Seele der Mannschaft. Die Häfler verloren durch Simon Tischers Rücktritt ebenfalls eine Identifika­tionsfigur, die auf dem Parkett zudem als Zuspieler das Gehirn und der Kapitän der Mannschaft war. Zum neuen Kapitän ernannte Heynen Markus Steuerwald – obwohl er diese Rolle auf dem Parkett als Libero regeltechn­isch gar nicht ausüben darf.

Das neue Gehirn der Häfler soll Jakub Janouch werden; der Zuspieler ist neben Markus Steuerwald zunächst der einzige gesetzte Spieler für Heynen. Martin Krüger, der zweite neue Zuspieler, ist die Nummer 2 auf der im Volleyball wohl wichtigste­n Position – und in Heynens defensiv ausgericht­ete System noch öfter am Ball als anderswo. „Jakub tut mir ein bisschen leid. Der arme Junge bekommt jetzt in kürzester Zeit die volle Dröhnung Vital Heynen“, sagt der Coach, einst selbst Zuspieler.

Anderersei­ts sieht es Heynen als Vorteil an, dass der Großteil der Mannschaft – auch und vor allem die für das defensive System des Coaches ebenfalls eminent wichtigen Mittelbloc­ker – bereits schon die letzten zwei Jahre da waren. „Es gibt ja Trainer, die alle zwei Jahre fast ihre gesamte Mannschaft austausche­n, um neue Impulse zu setzen. Ich gehöre da nicht dazu: Meine Mannschaft­en werden im dritten oder vierten Jahr immer noch besser.“

 ?? FOTOS: GUENTER KRAM (2), DPA ?? Markus Steuerwald (großes Bild) ist für Trainer Vital Heynen (re. oben) so wichtig, dass er ihn zum Kapitän machte – obwohl er diese Rolle als Libero auf dem Parkett gar nicht ausüben darf. Jakub Janouch (re. unten) ist der neue Zuspieler des VfB Friedrichs­hafen.
FOTOS: GUENTER KRAM (2), DPA Markus Steuerwald (großes Bild) ist für Trainer Vital Heynen (re. oben) so wichtig, dass er ihn zum Kapitän machte – obwohl er diese Rolle als Libero auf dem Parkett gar nicht ausüben darf. Jakub Janouch (re. unten) ist der neue Zuspieler des VfB Friedrichs­hafen.
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