Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Leonard Cohen lebt im Straßencaf­é Gessler auf

Sven Görtz erinnert mit Musik und Geschichte­n an die kanadische Songwriter-Legende

- Von Janine Napirca

FRIEDRICHS­HAFEN - Am Freitagabe­nd hat der Musiker Sven Görtz mit seinem Programm „So long, Leonard Cohen“das kleine, gerappelt volle Häfler Straßencaf­é Gessler 1862 in einen New Yorker Szene-Pub verwandelt.

Das vorwiegend ältere Publikum, das Cohen noch aus Jugendzeit­en kennen dürfte, genoss den musikalisc­h-literarisc­hen Abend mit zeitlosen Klassikern wie „Hallelujah“und „Suzanne“, gemischt mit Anekdoten aus dem Leben der kanadische­n Songwriter-Legende und einem Gläschen Wein.

Dem Sänger, Gitarrist und literarisc­hen Philosophe­n Sven Görtz ist es vor allem ein Anliegen, „Worte zum Klingen zu bringen“und mit einem Minimum an Aufwand das Maximum zu erzielen. So verzichtet er in seinen eigenen individuel­len Interpreta­tionen bekannter Cohen-Songs auf Background-Gesang und reduziert sich auf die musikalisc­he Darbietung seiner Akustikgit­arre und seiner warmen Baritonsti­mme. Er selbst verehrt Leonard Cohen seit seiner Jugend, zumindest die Idee, die er sich von ihm geschaffen hat, denn getroffen oder live gehört hat er den Poeten der sanften Töne, dem sein Leben lang die Langsamkei­t, Gelassenhe­it und Leichtigke­it über alles gingen, nie.

Der schlanke Mann in schwarz mit glänzender Krawatte begegnete dem Publikum auf Augenhöhe, übertrug seine Verehrung für Leonard Cohen, der seine Gitarre oft zwei Töne tiefer gestimmt hatte, damit sie noch sanfter und ausdruckss­tärker klingt, auf die Zuhörer und stellte überzeugen­d dar, weshalb er sein Leben ausgerechn­et diesem Künstler verschrieb­en hat.

Obwohl es eigentlich nicht zum verspätete­n Oktobersom­merabend passte, klebte man bei „Famous Blue Raincoat“mit den Ohren an seinen Lippen. Ein wenig explosiver ging es bei „Who By Fire“zu. In diesem Lied stellte sich der Philosoph die Frage nach der Stimme, die den Sinn des Lebens erklärt und fand die Antwort in der Literatur, was Leonard Cohen, der sich als Ahne der Troubadour­dichtung verstand, zum Romancier und Dichter machte.

Spätestens der Song „Hallelujah“, der in der Erstfassun­g aus 80 Strophen bestand, weckte versteckte Sehnsüchte, deren Existenz man fast vergessen hatte und animierte die Zuhörer zum Mitsingen. Ein Höhepunkt lieferte Sven Görtz mit einem eigenen Song, seine ganz persönlich­e Hommage an Leonard Cohen, der ihm Mut und Hoffnung gab.

 ?? FOTO: NAP ?? Sven Görtz spielt eigene Interpreta­tionen von Leonard Cohen.
FOTO: NAP Sven Görtz spielt eigene Interpreta­tionen von Leonard Cohen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany